Emissionshandel: Startup Senken bietet Mittelständlern und Konzernen sichere CO2-Zertifikate

Wie grün ist grün genug? Um Net-Zero-Ziele zu erreichen, sind viele Unternehmen auf den Kauf von CO2-Zertifikaten angewiesen. Doch der Markt ist ebenso unübersichtlich wie unreguliert. Ein Zertifikat steht für eine Tonne CO2, die aktiv aus der Atmosphäre „sequestriert“ wird, z. B. durch das Pflanzen von Bäumen, nachhaltige Technologien oder ökologische Landwirtschaft. Praktisch jeder kann sich daran beteiligen. Viele Projekte befinden sich im globalen Süden. Vermittelt wurden die CO2-Zertifikate lange Zeit nur über Broker – zum doppelten oder sogar vielfachen Preis. Ob sich dahinter ein echtes, nachhaltiges Projekt verbirgt oder es sich um reines Greenwashing handelt, war für Unternehmen nicht nachzuvollziehen. Durch das Berliner Startup Senken hat sich das geändert. Das Team überprüft Projekte genau und bietet Unternehmen ausschließlich sichere CO2-Zertifitkate an. Im Interview mit Ambivation berichtet Mitgründer Adrian Wons, wie das funktioniert und gibt uns Einblicke in Kooperationen mit dem deutschen Reiseversicherer Dr. Walter und dem bolivianischen Biokohle-Hersteller Exomad Green.

Adrian Wons, Mitgründer von Senken (Credits: Hannes Thun)

Adrian, bitte berichte zu Beginn für unsere Leser, warum CO2-Zertifikate für Unternehmen immer wichtiger werden!

Viele Unternehmen haben sich den UN-Klima-Zielen verpflichtet. Sie versuchen Net-Zero-Ziele zu erreichen, also den eigenen CO2-Fußabdruck komplett zu reduzieren. Dabei geht es nicht nur um Umweltschutz. Das Ergebnis wirkt sich aus auf die Ratings von Investoren und den Kurs an der Börse aus. Die Unternehmen sowie zum Teil auch deren Zulieferer stehen also unter Druck. Doch egal, wie nachhaltig sie agieren, es bleibt fast immer ein Rest an sogenannten „unvermeidbaren Emissionen“. Diese können nur durch den Kauf von CO2-Zertifikaten kompensiert bzw. neutralisiert werden. Das Problem ist: Nicht jedes Zertifikat hält, was es verspricht.

Woran liegt das? Warum ist der Markt rund um CO2-Zertifikate so unreguliert?

Die Projekte, die die sogenannte Sequestrierung, also das Binden von CO2 aus der Atmosphäre übernehmen und die Firmen, die CO2-Zertifikate kaufen, befinden sich oft weit voneinander entfernt. Das können z. B. ein Bauer in Südafrika und ein Technologieunternehmen in Deutschland sein. Die Zertifikate wurden bisher zumeist über Broker vertrieben. Diese wollen gewöhnlich mitverdienen. So kommt es vor, dass ein Zertifikat in Südafrika nur 3 Euro wert ist und hier plötzlich 15 Euro.

Die Nachhaltigkeitsabteilungen in den Unternehmen sind zudem meistens so klein, dass sie keine Möglichkeit haben, die tatsächliche Qualität eines solchen Projektes zu überprüfen. Hinzu kommt noch, dass oft unklar ist, ob das Geld überhaupt dort ankommt, wo es soll.

Dass es dazu kaum Vorgaben und Gesetze gibt, liegt vor allem daran, dass sich die vielen beteiligten Staaten nicht auf gemeinsame Regeln einigen können.

Wie sieht eure Lösung für das Problem aus?

Bei Senken bieten wir Unternehmen ausschließlich sichere CO2-Zertifikate an. Die Qualität von Projekten können wir mithilfe von Satelliten-Daten, Drohnen und Informationen von Rating-Agenturen überprüfen.

Früher haben wir jedes Projekt einzeln ausgewählt. Heute erhalten wir täglich etwa drei Bewerbungen. Unsere Qualitätsansprüche sind jedoch sehr hoch. Nur drei Prozent der Projekte schaffen es tatsächlich auf unsere Plattform.

Für Unternehmen bedeutet das, mit Sicherheit kein Greenwashing zu betreiben. Zudem können Firmen bei uns Projekte auswählen, die zu ihrer Branche passen und eventuell sogar der eigenen Lieferkette zu Gute kommen. Außerdem haben wir ein System entwickelt, mit dem wir nachvollziehen können, dass das gezahlte Geld beim Projekt wirklich ankommt.

Für unsere Dienstleistung stellen wir nur eine Vermittlungsgebühr von 10 Prozent in Rechnung, also viel weniger als Broker, die ungeprüfte Zertifikate vertreiben.

Inzwischen zählt ihr zahlreiche etablierte Unternehmen zu euren Kooperationspartnern. Kannst du uns von ein, zwei Beispielen berichten?

Ein Mittelständler, mit dem wir zusammenarbeiten, ist z. B. der Reiseversicherer Dr. Walter Reisen. Das Unternehmen versichert sehr viele Reisen in Südamerika und Afrika und wollte daher auch gern in CO2-Zertifikate aus diesen Regionen investieren. Wir haben ein passendes Portfolio zusammengestellt und den ganzen Prozess sehr effizient gestaltet.

Gab es bei diesem Kooperationsprojekt eine besondere Herausforderung?

Gerade bei Mittelständlern, die nur kleine oder gar keine Nachhaltigkeitsabteilungen haben, müssen wir zu Beginn erst einmal aufklären. Zum Beispiel fragen sich viele, warum sie mehr bezahlen sollen, wenn es woanders CO2-Zertifitkate für 3 Euro gibt. Aber hochqualitative Projekte kosten eben. Zu Beginn haben wir mit dem Team von Dr. Walter Reisen deshalb einen Workshop zum Thema CO2-Zertifikate durchgeführt.

Ein ganz anderes Unternehmen, mit dem ihr kooperiert, ist Exomad Green – ein Hersteller für nachhaltige Biokohle in Bolivien. Wie kam es dazu?

Wir haben das Unternehmen als Teil unseres intensiven DD-Prozesses aufgetan und kontaktiert, da wir Zukunftsvision und einen hohen Qualitätsanspruch teilen. Wir legen höchsten Wert auf Qualität und kompetente Partner, daher erfüllen nur wenige Anbieter alle Ansprüche, die wir für unsere Kunden vertreten möchten. Exomad Green wandelt Abfälle aus der Forstwirtschaft in Pflanzenkohle um. Das Projekt bietet signifikante Vorteile, auch über das CO2-Management hinaus. Diese beinhalten Gesundheits- und Brandrisiken zu reduzieren, die Eindämmung der Entwaldung und die Unterstützung der indigenen Gemeinschaften.

Wie sieht eure Kooperation genau aus?

Wir beziehen zusammen mit Exomad Green für unseren Kunden über vier Jahre insgesamt 81600 CO2 Credits aus der Biochar-Produktion. Dies wird in vier Teilen im jeweiligen Jahr abgerufen. Gemeinsam wollen wir die Beseitigung von Kohlendioxid vorantreiben und einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer Net-Zero Zukunft setzen. Unsere Zusammenarbeit beruht auf der Kombination von Carbon Removal Technology mit strikter digitaler Nachverfolgung und fokussiert das Wohlergehen der Gemeinschaft und die Erhaltung des Ökosystems. Aufgrund des herausragenden Volumens mussten wir hinsichtlich der Transaktions-Gestaltung und Finanzierung alle an einem Strang ziehen und haben es mit vereinten Kräften möglich machen können.

Was treibt dich persönlich an?

Nachhaltigkeit und neue Technologien sind meine größten Passionen. Ich bin studierter Maschinenbauer, habe das erste deutsche Buch zum Thema Blockchain geschrieben und die Blockchain-Abteilung von Ernst & Young für einige Jahre geleitet. Danach habe ich ein Forschungsinstitut zum Thema Nachhaltigkeit gegründet. Bei Senken ist es mir schließlich gelungen, Umweltschutz und neue Technologien miteinander zu kombinieren. Und ich denke, das ist der größte Hebel, um wirklich etwas für die Natur und gegen den Klimawandel zu unternehmen.

Kontakt

Webseite: www.senken.io

LinkedIn: Adrian Wons

Über Ambivation

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