Industrial Tech: Was ist das und wie treiben Startups die Industrie 4.0 voran?
Die industrielle Produktion befindet sich aktuell in einem Wandel, der tiefgreifender ist als jemals zuvor. Entwicklungen in den Bereichen Automatisierung, Künstliche Intelligenz, IoT und Robotik revolutionieren nicht nur einzelne Fertigungsprozesse, sondern ganze Wertschöpfungsketten und Branchen. Das eröffnet einzigartige Chancen für Unternehmen, die sich seit Jahren und Jahrzehnten am Markt etabliert haben, hat aber auch viele junge, spannende Startups im sogenannten „Industrial Tech“- Bereich hervorgebracht. Sie werden als Innovatoren und Kooperationspartner immer wichtiger. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen umfassende Einblicke in die Industrial Tech Branche verschaffen und aktuelle Kooperationsbeispiele präsentieren.
Definition: Industrial Tech – Was ist das?
Der Begriff „Industrial Tech“ ist eine international genutzte Bezeichnung, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Sie beschreibt die Integration von vielfältigen neuen Technologien in industrielle Prozesse, um die Effizienz, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu steigern. Insbesondere wird sie im Kontext von Startups verwandt, die hochspezialisierte „Industrial Tech“-Lösungen entwickelt haben. Dazu gehören Technologien zur Automatisierung und Digitalisierung, die IoT-gestützte Produktionssteuerung, die Robotik, digitale Zwillinge, Künstliche Intelligenz, Plattformen und vieles mehr.
Herausforderungen für etablierte Unternehmen
Veränderungen sind immer mit Herausforderungen verbunden, das gilt nicht nur in technologischer und finanzieller Hinsicht, sondern vor allem auch in menschlicher. Für Entscheider in etablierten Unternehmen kann es schwer sein, zu überblicken, welche Technologie wirklich eine dauerhafte, praktikable Lösung für die eigenen Fabriken darstellt. Gerade in größeren Unternehmen gibt es dazu oft mehr als eine Meinung, sodass Schritte Richtung Innovation zunächst intern auf verschiedenen Ebenen ausgehandelt werden müssen. Wenn eine Lösung gefunden wurde, braucht es wiederum Menschen, die sich im praktischen Arbeitsalltag darauf einlassen können, Neues zu probieren, zu lernen und ihre Arbeitsprozesse umzugestalten. All das erfordert Zeit, Geld und vor allem Entschlossenheit. Wenn Innovationen im Bereich Industrial Tech für Ihr Unternehmen bzw. Ihre Branche relevant sind, sollten Sie folgende Herausforderungen frühzeitig einkalkulieren:
- Investitionskosten
Die Implementierung neuer Technologien erfordert finanzielle Mittel, die sich manchmal nicht sofort amortisieren. Eventuell werden Sie auf Banken und Investoren angewiesen sein. Informieren Sie sich ggf. über Leasing-Optionen.
- Technologische Komplexität
Die Integration von Industrial Tech in bestehende Produktions- und IT-Systeme kann je nach Anbieter anspruchsvoll oder auch unkompliziert funktionieren. Prüfen Sie genau, auf welche Technologien und Partner Sie setzen.
- Fachkräftemangel
Der Einsatz neuer Technologien erfordert oftmals Menschen, die bereit und in der Lage sind, mit ihnen umzugehen. Bei der Projektplanung sollten Sie Möglichkeiten, Ihr Personal zu schulen oder neue Mitarbeiter im In- oder Ausland zu akquirieren, mitdenken. Eine Alternative sind Lösungen aus dem Robotik-Bereich, die dem Fachkräftemangel gezielt entgegenwirken und sogar dazu führen können, dass für bestimmte Arbeitsschritte kein geschultes Personal mehr nötig ist.
- Cybersicherheit und Datenschutz
In den vergangenen Jahren häufen sich die Berichte über Cyberangriffe. Bei allen Vorzügen, die die Digitalisierung und Vernetzung von Prozessen bieten, machen sich Unternehmen dadurch auch angreifbar. Selbst kleine und mittelständische Firmen können betroffen sein. Holen Sie sich deshalb auch in diesem Bereich unbedingt Expertise ein.
- Regulatorische Anforderungen
Neue Technologien müssen gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Insbesondere, wenn Sie Lösungen wählen, die aus dem Ausland kommen, sollten Sie sich deshalb rechtzeitig informieren, was Sie beachten müssen und welche zusätzlichen Kosten dadurch auf Sie zukommen.
Chancen für etablierte Unternehmen
Gleichzeitig gehen mit den neuen Technologien im Bereich Industrial Tech aber auch neue Möglichkeiten einher. Gerade für uns in Europa bieten sie eine Chance, sich durch fortschrittliche und nachhaltige technische Lösungen gegenüber Unternehmen zu behaupten, die sich durch Dumping-Löhne in Entwicklungs- und Schwellenländern Vorteile verschaffen. Langfristig lohnt es sich, Fabriken und Produktionsanlagen mithilfe von Industrial Tech umzurüsten, denn es gibt auch viele Chancen:
- Effizienzsteigerung
Der Einsatz von Robotik, KI und IoT kann Produktionsprozesse erheblich optimieren. Zwar fallen zunächst auch Investitionskosten an, langfristig sparen Sie jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit. Bestenfalls können Sie die Qualität Ihrer Produkte zudem steigern und Ausschusskosten vermeiden.
- Neue Geschäftsmodelle
Ihren Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Durch Industrial Tech sind plötzlich Geschäftsmodelle möglich, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren. Das gibt auch etablierten Unternehmen die Chance, sich weiterzuentwickeln oder sogar neu zu erfinden.
- Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung
Feuer, Überschwemmungen und extreme Wetterlagen zeigen schon heute, dass wir die Herausforderungen des Klimawandels nicht ignorieren dürfen. Industrial Tech Lösungen können einen wesentlichen Beitrag zu mehr Umwelt- und Klimaschutz leisten und helfen Unternehmen, die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben einzuhalten.
- Flexibilität und Resilienz
Je vernetzter und innovativer Sie aufgestellt sind, desto schneller können Sie reagieren, wenn Ihr Unternehmen oder Ihre Branche von tiefgreifenden Veränderungen betroffen sind. Setzen Sie auf Lösungen, die Ihnen Tempo und Flexibilität ermöglichen, z. B. im Energiebereich oder bei der Anpassung und Skalierung Ihrer Produktionsprozesse.
- Verbesserte Datenanalyse und Entscheidungsfindung
Big Data ist auch im Kontext von Industrial Tech eines der wichtigsten Schlagworte. Innovative Technologien sind in der Regel in hohem Maße datengetrieben. Das gibt Ihnen die Möglichkeit, eigene Prozesse und vor allem Schwachstellen zu erkennen und entsprechend nachzubessern.
Kooperation mit Startups als Schlüssel zu Innovation
Etablierte Unternehmen sollten Startups nicht in erster Linie als Konkurrenz betrachten, sondern vor allem als potenzielle Partner auf dem Weg zu innovativen Lösungen. Die Kooperation mit Industrial Tech Startups bietet nicht nur die Chance, den einen möglichen Rückstand auszugleichen, sondern ist vor allem eine strategische Entscheidung, um in einem sich rasant verändernden Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.
Durch gezielte Kooperationen mit passgenauen Startups können Sie von der Innovationskraft, der Flexibilität und dem Tempo von Startups profitieren, anstatt sprichwörtlich „das Rad selbst neu zu erfinden“. Das lohnt sich oft gerade in finanzieller Hinsicht. Zudem bietet die Zusammenarbeit mit Industrial Tech Startups eine einzigartige Möglichkeit zum Wissensaustausch, zur Entwicklung innovativer Produkte und zur Schaffung umweltfreundlicher, ressourcenschonender Produktionsmethoden.
Wenn Sie in diesem Prozess externe Unterstützung benötigen, können Startup-Experten und Scouts Ihnen dabei helfen, kompetente und passgenaue Partner aus der Startupszene zu identifizieren und die Kooperation anzubahnen.
Kooperationsbeispiele
Wussten Sie schon, dass zahlreiche Konzerne über eigene Startup-Programme verfügen, die ihnen helfen, technologisch auf dem neuesten Stand zu bleiben? Aber auch immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen nutzen die Technologien von Startups im Bereich Industrial Tech. Wir haben einige spannende aktuelle Kooperationsbeispiele für Sie zusammengefasst:
- Kooperation von BMW und Figure
Ein prominentes Beispiel für eine Kooperation im Bereich Industrial Tech ist die Zusammenarbeit von BMW und dem kalifornischen Unternehmen Figure, über dessen humanoide Roboter in den vergangenen Monaten intensiv berichtet wurde. Die Roboter können mit ihrer speziellen Sensorik sowie KI-Steuerung Blechteile schnell, mühelos und präzise platzieren und sollen perspektivisch Aufgaben ersetzen, die für Menschen äußerst kräftezehrend, manchmal gefährlich und letztendlich auch nicht attraktiv sind. Der Herstellungsprozess von Autos wird dadurch effizienter, Änderungen sind ohne aufwendige Schulungen von Personal möglich und Mitarbeiter, die noch heute bei vielen Automobilherstellern in für Körper und Seele ungesunden Schichtsystemen am Band stehen müssen, werden langfristig für andere Aufgaben frei.
- Kooperation von Siemens und Ethan AI
Auch Siemens gehört zu den Konzernen, die bereits seit Jahren ganz bewusst auf die Kooperation mit Startups im Bereich Industrial Tech setzen, darunter auch Ethon AI. Das junge Unternehmen wurde von Absolventen der ETH Zürich gegründet und ist darauf spezialisiert, Produktionsprozesse mithilfe von Künstlicher Intelligenz besser und effizienter zu gestalten. Große Datenmengen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Diese sollen mithilfe von Ethon AI in den Fabriken gesammelt, analysiert und in die KI-Algorithmen der Smart Infrastructure-Sparte von Siemens integriert werden. Letztendlich hat Siemens dadurch die Chance, die Qualität von Prozessen zu verbessern, schneller und kostengünstiger zu agieren und langfristig Konkurrenten einen Schritt voraus zu sein.
- Kooperation von Findiq und Hymmen
Nicht nur Konzerne, sondern auch Mittelständler können von den Ideen und Entwicklungen der Gründer aus der Industrial Tech Szene profitieren. Hymmen, ein Maschinenhersteller für die Holzverarbeitung, der mit dem Startup Findiq kooperiert, ist dafür ein hervorragendes Beispiel. Findiq hat das Erfahrungswissen von Servicetechnikern digitalisiert und in ein Assistenzsystem integriert. Servicetechniker können im Arbeitsalltag schnell und unkompliziert auf die Software zugreifen, wenn sie selbst nicht weiterwissen, und erhalten Unterstützung bei der Diagnose und Behebung von Fehlern. Das Beispiel zeigt, wie Lösungen im Bereich Industrial Tech nicht nur Prozesse und Produkte verbessern, sondern auch die Servicequalität. Es steht auch exemplarisch dafür, dass die neuen Entwicklungen nicht unbedingt Arbeitsplätze ersetzen müssen, sondern als praktisches Werkzeug fungieren können, das Fachkräften den Arbeitsalltag erleichtert.
- Kooperation von vent.io und truckoo
truckoo ist ein aufstrebender internationaler Online-Marktplatz für gebrauchte Transporter, LKWs, Sattelzugmaschinen, Anhänger und Sattelauflieger. vent.io – Digital-Tochter und CVC-Arm der Deutsche Leasing AG – stieg hier zunächst über ein Wandeldarlehen ein. Anschließend übernahm das Team als Leadinvestor die Führung einer weiteren Finanzierungsrunde und konnte mit Wave-X, der Corporate Venture Capital-Einheit von LKW Walter, einen weiteren strategischen Partner gewinnen. Ein wichtiger Aspekt der Kooperation ist die Nutzung von Rückläufern aus Leasingverträgen. Durch gezielte Ansprache und individuelle Kundenkontakte konnten bereits erste Erfolge erzielt und positive Rückmeldungen von Kunden eingeholt werden. Aktuell arbeiten truckoo und vent.io zusammen, um die vertriebliche Kooperation weiter auszubauen. Ein geplanter Kooperationsvertrag soll ermöglichen, Verkäufer von Trucks und Trailern zu adressieren. Zudem leistet vent.io kontinuierlich Unterstützung durch wertvolle Netzwerkkontakte, die für truckoo entscheidend sein können, um sich noch stärker am Markt zu etablieren.
- Kooperation von ABB und Ndustrial
Das Startup Ndustrial hat eine KI-gestützte Energiemanagement-Plattform entwickelt, die Unternehmen ermöglicht, ihre Energieintensität zu messen und zu reduzieren. ABB wiederum setzt seit Jahren auf die Kooperation mit Startups und schreibt regelmäßig eigene Startup Challenges aus, auf die junge Unternehmen sich bewerben können. Die Partnerschaft zielt darauf ab, das Digital- und Nachhaltigkeitsportfolio von ABB zu erweitern und KI-gestützte vorausschauende Energiemanagementlösungen anzubieten. Diese Lösungen helfen Kunden von ABB, ihre Energie- und Kohlenstoffintensität zu reduzieren und einen nachhaltigeren Betrieb zu gestalten. Die Kooperation zeigt, wie Synergien entstehen, wenn Startups und etablierte Unternehmen zusammenarbeiten. ABB profitiert von dem technologischen Knowhow des Ndustrial-Teams. Das Startup wiederum erhält einen Marktzugang und damit auch ein Auftragsvolumen, das es ansonsten wahrscheinlich nicht in so kurzer Zeit erreicht hätte. Zudem tragen beide Unternehmen gemeinsam zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit bei.
Fazit
Innovative Industrial Tech-Lösungen sind ein Themenfeld, an dem Industrieunternehmen nicht vorbeikommen, wenn sie zukunftsfähig bleiben möchten und sich angesichts der internationalen Konkurrenz behaupten wollen. Selbst wenn damit gewisse Herausforderungen verbunden sind, bieten sie doch vor allem viele Chancen, effizienter und nachhaltiger zu agieren. Leasing und Mietmodelle können insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen ein Weg sein, um Zugang zu diesen innovativen Technologien zu erhalten, z. B. im Robotik-Bereich.
Ansprechpartner finden
Sie haben allgemeine Fragen zum Thema Industrial Tech oder interessieren sich für ein Startup Scouting? Dann wenden Sie sich gern an das Team von Ambivation.
Sie möchten mehr über Leasing im Kontext von Industrial Tech Innovationen erfahren? Dann freut sich das Team von vent.io, Sie kennenzulernen.
Über Ambivation
Ambivation verbindet innovative Unternehmen und Startups für Kooperationen und Innovationspartnerschaften. Dabei fördert Ambivation als Innovationsberatung und Matchmaker die Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Startups im Rahmen von konkreten Kunden-, Lieferanten- und Forschungspartnerschaften. Wir unterstützen Unternehmen bei der Bedarfsidentifikation, Startupidentifikation, Startupbewertung und Kooperationsanbahnung mit Startups. Dazu dienen Formate wie beispielsweise die Recherche von relevanten Startups, ein Startup-Monitoring, strategische Kooperationsberatung oder Eventformate wie Startup Touren. Unser monatlicher Newsletter informiert zudem über aktuelle Kooperationsbeispiele und Events.