Steckrübe statt Schinken: Startup Verrano erobert Bordbistros der Deutschen Bahn
Im Aktionsmonat Veganuary ist die Deutsche Bahn 2025 mutig mit Steckrüben-Aufschnitt auf ihren Bagels ins Jahr 2025 gestartet. Der vegane Aufschnitt wurde vom Startup Verrano entwickelt und war bis dahin nur in wenigen Bio- und Feinkostgeschäften sowie Sternerestaurants erhältlich. Wir haben mit Gründer Manuel Siskowski über das erste Feedback zur Aktion gesprochen und Einblicke in den außergewöhnlichen Reifungs- und Räucherprozess für Gemüse von Verrano erhalten.
Manuel, ihr durftet im Januar die Bordrestaurants der Deutschen Bahn mit gereifter Steckrübe für Bagels ausstatten. Wie ist es euch gelungen, den sprichwörtlichen Fuß in die ICE-Tür zu bekommen?
Das war ehrlicherweise extrem einfach. Der Produktmanager der Deutschen Bahn hat unser gereiftes Wurzelgemüse in einem Hotel probiert, das wir beliefern – und war sofort begeistert.
Musstet ihr eure Produktion für die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn nicht wahnsinnig skalieren? Und wie habt ihr das geschafft?
Wir haben 2023 erst gegründet und unsere Produkte am Anfang in einer veganen Metzgerei hergestellt. Als die Anfrage von der Deutschen Bahn kam, waren wir schon einige Monate auf der Suche nach einer neuen Produktionsstätte, die wir schließlich im wunderschönen Biebertal gefunden haben – in einem alten Rinderzerlegebetrieb, den wir umbauen mussten. Das war quasi eine glückliche zeitliche Fügung.
Wie lange hattet ihr von der Anfrage der Deutschen Bahn bis zur Umsetzung Zeit?
Etwa vier Monate. Dank vieler Helfer ist uns das gelungen.
Habt ihr schon Feedback von der Deutschen Bahn?
Die Resonanz von der Deutschen Bahn ist sehr positiv, insbesondere von Bahnmitarbeitern. Tatsächlich sind viele Zugbegleiter auf LinkedIn aktiv. Das war mir vorher gar nicht so klar. Aber auch auf Instagram und YouTube haben wir zahlreiche positive Rezensionen erhalten.
Das klingt ja toll!
Ja, für uns war das eine unglaublich spannende Erfahrung. Wir beliefern sonst vor allem kleinere Gastronomiebetriebe und Feinkostgeschäfte. Menschen, die bereits Veganer sind oder Bio und Feinkost lieben, kaufen unsere Produkte. In der Bahn treffen wir auf die breite deutsche Bevölkerung. Mainstreamiger wird es für uns wahrscheinlich nicht. Und es ist total interessant, zu schauen, wie dieses völlig neue Produkt bei dieser Zielgruppe ankommt. Die Steckrübe kennt ja keiner. Für uns ist das ein ultraspannendes Experiment und wir finden es mutig von der Deutschen Bahn, dass sie sich darauf eingelassen hat.
Was war bisher euer größtes Learning?
Dass die Bahn online so eine große Reichweite hat.
Gab es noch andere besondere Herausforderungen, die ihr bewältigen musstet?
Wir beliefern sonst eher die kleinere Gastronomie, wo Produkte von Hand belegt werden. Für die Deutsche Bahn mussten wir deutlich effizienter werden und brauchten eine andere Scheibendicke. Tatsächlich ist die Produktexperience dadurch aber sogar noch besser geworden.
Ist eine Fortsetzung der Aktion geplant?
Sie ist Ende Januar geendet. Wir würden uns natürlich freuen, wenn es weiter geht.
Kannst du noch ein bisschen zu eurem Hintergrund erzählen? Wie seid ihr darauf gekommen, Steckrübe, Sellerie und Rote Beete wie Serrano-Schinken zu behandeln? Sind die Prozesse überhaupt vergleichbar?
Unser Mitgründer Max war lange Koch in der Sterne-Gastronomie. Das Reifen und Fermentieren von Gemüse ist dort en vogue. Auch Max hat in diesem Bereich herumexperimentiert. Im Grunde ging es dabei darum, Gemüse so zu behandeln, dass sich aus dem Genuss die gleiche Befriedigung wie beim Verzehr einer guten Wurst ergibt. Die Entwicklung des Verfahrens, das wir heute nutzen, hat 4,5 Jahre gedauert. Danach wussten wir natürlich auch nicht, ob die Leute das wollen. Aber wir hatten das große Glück, dass die Bäckerei Biokaiser aus unserer Region unser Produkt ins Sortiment aufgenommen hat. So konnten wir Verrano in den Filialen testen und mit Endkunden sprechen.
Ersatzprodukten wird oft vorgeworfen, dass sie auch hochverarbeitete Industrieprodukte und damit ungesund sind. Was kannst du dem in Hinblick auf Verrano entgegensetzen?
Die Feststellung ist in den meisten Fällen korrekt, in denen versucht wird, Fleisch und Wurstwaren ohne tierische Produkte nachzubauen. Man ist dabei häufig darauf angewiesen, Hilfsmittel zu suchen. Wir sagen deshalb auch niemandem, eine Steckrübe soll schmecken wie ein Roastbeef. Wir gehen den anderen Weg: Wir holen das Beste aus dem Gemüse. Dafür haben wir einen vierwöchigen Reifeprozess entwickelt. Anschließend verarbeiten wir unsere Produkte kundenbezogen, so wie sie gebraucht werden – als Würfel, Scheiben oder Pasten. Sie bestehen zu 95 Prozent aus Gemüse. Dazu kommen etwas Salz, Rauch und Zucker. Vorteile gegenüber klassischem Fleischerersatz waren für uns, dass wir durch diesen einfachen Prozess schnell eine Biozertifizierung erhalten haben und auch in Sternerestaurants auf den Teller kommen.
Kannst du uns noch ein bisschen mehr Einblicke in euren Verarbeitungsprozess geben?
Das Gemüse wird geerntet, geputzt und gewaschen. Dann lassen wir es reifen und räuchern es. Dabei verändert es sich in Hinblick auf Geschmack und Konsistenz. Wir verlieren zwei Drittel an Feuchtigkeit. Wir nutzen gern extrem großes Gemüse, quasi in Übergrößen. Das können wir besser verarbeiten, ähnlich wie in der Schinkenindustrie. Gemüse verhält sich aber anders als Fleisch. Wir müssen wahnsinnig aufpassen, dass uns die Mikrobiologie keinen Strich durch die Rechnung macht. Es war sehr aufwändig, unseren Prozess dahingehend zu optimieren. Dafür haben wir heute eine extrem lange Haltbarkeit. Geschnitten bleibt Verrano acht Wochen frisch. Am Stück beträgt die Haltbarkeit sogar ein halbes Jahr.
Habt ihr konkrete Pläne, noch weitere Gemüsesorte „reifen“ zu lassen?
Unser Verfahren kann grundsätzlich auch bei anderen Gemüsesorten angewendet werden. Für uns ist es aber im Moment viel spannender, zu schauen, was wir aus unserem Gemüse qualitativ noch rausholen können. Aktuell suchen wir Partner aus der Flammkuchen- und Pizzaindustrie. Dafür eignet sich Verrano nämlich wunderbar.
Kontakt
Webseite: www.verrano.de
LinkedIn: Manuel Siskowski
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