Corporate Venture Capital: Warum die Deutsche Leasing AG mit vent.io in Startups investiert

Die Deutsche Leasing AG wird gern als das Rückgrat des Deutschen Mittelstands bezeichnet. Mit der Ausgründung der vent.io mischt sie jetzt aber auch in der Startup-Szene mit. Wir haben Sven Siering, Geschäftsführer der vent.io, sowie Peter Lauerbach, Head of Investment, zum Interview getroffen und erfahren, wie es dazu kam und warum das Engagement im Bereich Corporate Venture Capital für alle Beteiligten Mehrwerte bietet.

Sven Siering und Peter Lauerbach von vent.io

Sven und Peter, vielen Dank, dass ihr euch Zeit für ein Interview mit Ambivation nehmt. Wie würdet ihr im Elevator-Pitch beschreiben, was ihr bei vent.io macht?

Sven: vent.io ist die Digitaltochter und der CVC-Arm der Deutsche Leasing AG. Im Fokus stehen bei uns Startups, die für Kunden der Deutsche Leasing AG relevant sein könnten. Wir bringen diese zum einen mit möglichen Kooperationspartnern zusammen und investieren zum anderen selbst. Das Ganze ist eine Win-Win-Win-Situation: Für die Startups schaffen wir einen Marktzugang, für Kunden der Deutsche Leasing AG einen Innovationszugang und für die Deutsche Leasing AG ermöglichen wir einen Reputationsgewinn, weil sie ihren Kunden damit einen zusätzlichen Mehrwert bietet.

Das klingt wirklich großartig! Wie seid ihr dazu gekommen?

Peter: Ich habe einen klassischen Finanz-Background und kenne durch verschiedene berufliche Stationen alle für uns relevanten Seiten des Tisches – die Investment-Seite, die Startup-Seite und die Corporate-Seite.

Sven: Ich habe einen langjährigen Bankhintergrund und war bis zur Ausgründung der vent.io Leiter der Digital Innovation Unit bei der Deutsche Leasing AG.

Und wie kam es zur Ausgründung von vent.io?

Sven: Die Strukturen in etablierten Unternehmen wie der Deutsche Leasing AG sind durch Regulatorik und umfangreiche Prozesse geprägt. Uns war es wichtig, mit vent.io davon ein Stück weit unabhängig zu sein und neue Wege zu gehen. Zum anderen wollten wir explizit auch Mitarbeiter gewinnen, die sich für so eine junge, digitale Marke begeistern.

In welchem Umfang könnt ihr in Startups investieren? Wie viel Entscheidungsfreiraum habt ihr dabei?

Peter: Insgesamt stehen uns 10 Millionen Euro für die Investments zur Verfügung. Unsere aktuelle Investitionsphase geht bis 2026, danach folgt eine fünfjährige De-Investitionsphase. Pro Startup können wir initial 750.000 Euro und insgesamt bis zu 1,5 Millionen Euro investieren.

Sven: Ob wir investieren, entscheidet ein Investment-Komitee bestehend aus dem Vorstand der Deutsche Leasing AG und der Geschäftsführung der vent.io.

Was müssen Startups mitbringen, damit sie für euch in Hinblick auf eine Investition bzw. als mögliche Kooperationspartner für Kunden der Deutsche Leasing AG interessant sind?

Peter: Die wichtigste Voraussetzung ist ein Produkt-Market-Fit. Die Startups müssen eine funktionierende Lösung für ein konkretes Problem bieten und sollten bereits eine stabile Anzahl an Kunden vorweisen können, die für ihr Produkt oder ihren Service zahlen. Zudem sind junge Unternehmen besonders interessant, wenn sie über ein starkes Umsatzwachstum mit ersten wiederkehrenden Umsätzen (z.B. SaaS-Modelle) verfügen. Zu den Branchen, die für die Deutsche Leasing AG und deren Kunden Relevanz haben, gehören vor allem Mobility, Real Estate, Logistik, Transportation, Handel, Produktion, Rental und Datenverarbeitung.

Die Deutsche Leasing AG hat viele Kunden, mit denen sie bereits seit Jahrzehnten zusammenarbeitet. Das sind große und mittelständische Unternehmen, für die Zuverlässigkeit ein sehr wichtiger Punkt ist. Wenn wir diesen Kunden also Startups als Kooperationspartner vorschlagen, müssen wir sichergehen können, dass diese halten, was sie versprechen. In der Regel beteiligen wir uns in späten Seed- bzw. frühen Series-A Phasen. Für uns sind hauptsächlich Startups mit B2B-Lösungen relevant.

Wie funktioniert der ganze Prozess? Treten die Kunden der Deutsche Leasing AG mit Innovationsvorhaben an euch heran oder lernt ihr zuerst die Startups kennen?

Sven: Es gibt zwei Wege. Zum einen analysiert unser Innovationsteam gemeinsam mit dem Vertrieb der Deutsche Leasing AG „Pain Points“ der Kunden. Das können z. B. Themen wie ESG-Reporting oder Herausforderungen beim Einsatz einer Maschine sein. Dann folgt ein iterativer Prozess: Das Investmentteam führt ein umfassendes Startup Scouting durch, an dessen Ende eine Shortlist mit zwei, drei relevanten Startups steht, die anschließend wieder an das Innovationsteam zurückgespielt werden. Das Innovationsteam, zusammen mit dem Vertrieb, stellt diese dann den Kunden der Deutsche Leasing AG vor. Nach einem Pilotprojekt wird das Synergiepotential noch klarer ersichtlich. Im Anschluss an eine ordentliche Due Diligence wird das entsprechende Startup dem Investmentkomitee zur finalen Investmententscheidung vorgelegt.

Peter: Der zweite Weg ist, dass wir über unser Investorennetzwerk oder u.a. bei Konferenzen auf Startups stoßen, die relevante Lösungen für Kunden der Deutsche Leasing AG anbieten.

Was dürfen die Startups von euch erwarten?

Peter: Neben dem Marktzugang bieten wir eine intensive Unterstützung bei allen Fragen des Startups, die darauf abzielen, das Geschäftsmodell zu skalieren. Durch unser Netzwerk können wir zudem nützliche Kontakte zu anderen Investoren und Startups vermitteln. Und nicht zuletzt helfen wir auch bei technischen Aspekten und Finanzierungsthemen.

Und was ist der wichtigste Aspekt eurer Arbeit für die Kunden der Deutsche Leasing AG?

Sven: Mit vent.io geben wir den Kunden der Deutsche Leasing AG Zugang zu qualifizierter Innovation. Wir sind wie ein Vorfilter und das spart den Kunden Zeit und Geld. Für ein Startup Scouting müssen die Unternehmen ansonsten jemanden beauftragen. Wir sagen: Ihr habt eine Herausforderung? Wir sind die Matchmaker.

Das klingt gar nicht so unähnlich wie bei uns von Ambivation! Was begeistert euch am meisten an dieser Arbeit?

Peter: Man hat mit sehr smarten Menschen in einem dynamischen Umfeld zu tun. Um mit dem eigenen Wissen up to date zu bleiben, muss man kontinuierlich lernen und sich mit neuen technologischen Entwicklungen befassen.

Sven: Am Ende geht es bei unserer Arbeit um Menschen, darum sich Zeit zu nehmen und Mehrwerte zu generieren. Im Grunde ist das, was wir tun, auch Change-Management. Wir begleiten Transformationsprozesse und helfen dem Mittelstand, aktuelle Herausforderungen zu meistern.

Welche eurer Portfolio-Startups machen euch gerade besonders stolz?

Peter: Rabot Energy ist für uns ein sehr guter Investment-Case. Das Startup hat seit unserem Investment eine sehr positive wirtschaftliche Entwicklung hingelegt.

Sven: Darüber hinaus ist es für uns auch ein sehr guter Innovations-Case. In Hinblick auf die Kunden der Deutsche Leasing AG ist das Thema dynamischer Stromtarif vor allem im Bereich des Flottenmanagements relevant.

An zweiter Stelle möchte ich noch Unchained Robotics nennen, eines unserer Startups, das gerade bezüglich des aktuellen Fachkräftemangels relevante Lösungen entwickelt hat. Es bietet einfache Plug-and-Play Automatisierungslösungen für Unternehmen. Die Deutsche Leasing AG unterstützt das Startup beim Thema Finanzierung, um Robotiklösungen einer noch breiteren Kundengruppe zur Verfügung stellen zu können. So wächst das Startup schneller und wir profitieren doppelt.

Das klingt spannend. Wir freuen uns schon darauf, Unchained Robotics in einem späteren Beitrag genauer vorzustellen! Zum Schluss noch eine Frage für alle, die sich ebenfalls für das Thema Investments interessieren. Welches Fazit zieht ihr zum Ende 2024 und könnt ihr uns einen Ausblick zu aktuellen Entwicklungen geben?

Peter: In diesem Jahr wurde allgemein etwas verhaltener investiert. Dies lag unter anderem an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Zudem wird in den letzten Jahren vermehrt auf reale KPIs wie z.B. Umsatzzahlen Wert gelegt. Es ist dennoch verhältnismäßig viel „Dry-Powder“ am Markt, das in nächster Zeit investiert werden muss. Wir als CVC blicken positiv in die Zukunft. Die aktuellen Marktentwicklungen ermöglichen uns einen besseren Zugang zu interessanten Startups. Als langfristig orientierter Investor und Partner sind wir eng an der Seite unserer Startups. Dies bietet Sicherheit insbesondere in unsicheren Zeiten.

Kontakt

Webseite: vent.io

LinkedIn: Sven Siering, Peter Lauerbach

 

Über Ambivation

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