Buchhandel: READO kooperiert mit MVB – Interview mit READO CEO Jonathan Mondorf

Mithilfe seiner Künstlicher Intelligenz revolutioniert das Startup READO die Art und Weise, wie uns online oder in Buchhandlungen Bücher empfohlen werden. Statt automatisierter Vorschläge setzt die neue Technologie auf die KI-basierte Analyse echter Kundenrezensionen. Die MVB, ein Tochterunternehmen des Gesamtverbandes Börsenverein des Deutschen Buchhandels, hat READO damit bereits erfolgreich überzeugt. Im Interview berichtet READO CEO Jonathan Mondorf, wie beide Unternehmen das innovative Angebot jetzt durch eine Kooperation vorantreiben.

Jonathan, spätestens seit dem Hype um ChatGPT haben wir alle verstanden, dass wir an Künstlicher Intelligenz im Alltag und im Job nicht mehr vorbeikommen. Ihr beschäftigt euch bereits länger mit dem Thema KI. Wie kam es zur Gründung von READO?

Die Idee zu READO ist durch eine Brainstorming-Übung im familiären Kreis entstanden. Wir haben uns die Frage gestellt: „Welche Suchfilter bräuchte eine optimale Plattform, um genau das passende Buch zu empfehlen?“. Dadurch ist die Idee der emotionalen Kategorisierung von Büchern entstanden: Z.B. sollte ein Roman nicht nur als Krimi kategorisiert sein, sondern man sollte erkennen können, wie dramatisch, humorvoll, emotional, verstörend, usw. die Geschichte empfunden wird.
Basierend auf dieser Lösungsidee stand KI nicht im unmittelbaren Vordergrund. Trotzdem mussten wir das Problem lösen, Millionen von Büchern anhand von neuen Kriterien zu bewerten, um einen Nutzen auf unserer neuen Plattform zu generieren. Dafür haben wir angefangen, eine KI zu entwickeln.

READO wurde 2021 Content-Start-ups des Jahres gewählt und hat danach nicht nur eine Innovationsprämie, sondern auch ein intensives Förderprogramm erhalten. Inwiefern hat euch diese Auszeichnung vorangebracht?

Für unsere Projektarbeit in der Buchbranche haben wir freudig festgestellt, dass der CONTENTshift-Wettbewerb eine hervorragende Reputation hat. Dementsprechend ist es uns deutlich leichter gefallen, neue Kooperationspartner zu finden und als seriöser Marktteilnehmer aufzutreten.
Das Förderprogramm war eine hervorragende Möglichkeit, um unmittelbares Feedback von echten Branchengrößen zu bekommen. Der daraus resultierende Lernprozess ist als frühphasiges Startup essenziell, um sich weiterzuentwickeln.

Inzwischen kooperiert ihr mit MVB und dem Schweizer Software-Unternehmen bpm. Kannst du uns vielleicht an einem Beispiel erklären, wie Endkunden z. B. beim Stöbern im Buchladen davon profitieren?

Jeder kennt die typischen „Andere Kunden kauften auch“-Empfehlungen, die man auf Amazon und Co. angezeigt bekommt, wenn man auf der Seite eines Buches ist. Dieser Mechanismus führt dazu, dass populäre Bücher noch populärer werden und unbekannte Bücher unbekannt bleiben. Dieses Phänomen lässt sich auch dadurch feststellen, dass jedes Jahr ca. +60k Neuerscheinungen auf dem Markt erscheinen, aber nur eine kleine Anzahl an Titeln – meistens in Form von Bestsellern – von einer größeren Leserschaft gefunden und gekauft wird.

Zusammen mit MVB und haben wir einen neuen Empfehlungsalgorithmus entwickelt, der sich vor allem auf die inhaltliche Gemeinsamkeiten der Empfehlungen spezialisiert hat. Grundlage für den Algorithmus bieten hier die innovativen Lesemotive-Daten von MVB sowie die Emotions-Kriterien von READO. Endkunden können dadurch neue Bücher entdecken, die vorher nicht auf dem Radar gewesen sind.

BPM hat das innovative Potential des Empfehlungsalgorithmus erkannt und ist als Vertriebspartner in die Kooperation mit eingestiegen.

Gab es besondere Herausforderungen im Rahmen dieser Kooperation und wie habt ihr diese gemeinsam überwunden?

Um uns als Startup weiterzuentwickeln, müssen wir schnell in unserer Entscheidungsfindung und in unserer Arbeitsweise sein. Das Überleben von Startups bemisst sich in der Regel durch den verfügbaren „Runway“ – die verbleibenden Monate, für die das Geld auf dem Konto reicht. Dementsprechend ist jede Woche für uns als Startup sehr wertvoll.

In Zusammenarbeit mit einer Branchengröße wie der MVB war es herausfordernd für uns, mit deutlich längeren Entscheidungszyklen zu arbeiten. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass sich MVB in der Kooperation sehr gut darin stellt, die eigenen internen Prozesse in unserem Interesse zu beschleunigen.

Gibt es Besonderheiten bezüglich der Buchbranche, auf die sich Startups, die in diesem Bereich Fuß fassen möchten, einstellen sollten?

Die Buchbranche ist ein durch Tradition geprägter Markt, der insbesondere in Deutschland sehr geschätzt wird. Trotz wirtschaftlicher Schwankungen erweist sich der Buchmarkt seit vielen Jahren als sehr stabil. Dies kann den Eindruck vermitteln, dass die traditionelle Herangehensweise die beste ist – weil es schon immer so gemacht wurde und es funktioniert.

Startups sind angetrieben von dem Wunsch, Veränderung zu bewirken. Dieser Innovationsdruck kann auf Entscheidungsträger treffen, die die Notwendigkeit der Veränderung nicht sehen. Formate wie ContentShift sind diesbezüglich eine sinnvolle Maßnahme, um Startups eine Bühne im Markt zu bieten.

Seit vielen Jahren wird spekuliert, dass Menschen eines Tages gar keine klassischen Bücher mehr lesen werden. Aktuell scheinen Videos gegenüber dem geschriebenen Wort und Bildern immer mehr an Bedeutung zu gewinnen. Ist das für euch ein Thema, das die Weiterentwicklung eures Produktes beeinflusst?

Ich denke auch, dass immersive Medien wie Video, aber auch Virtual Realtiy in Zukunft zunehmen werden. Trotzdem bin ich überzeugt davon, dass das Lesen von Büchern immer ein Rückzugsort von den schnelllebigen Medien – vor allem auf Social Media – bleiben wird. Insbesondere das gedruckte Buch bietet eine angenehme Pause, von der immer steigenden Bildschirmzeit, die uns umgibt.

Kontakt

Webseite: www.reado.app

LinkedIn: Jonathan Mondorf

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