Energiewende: Kitepower kooperiert mit Greener bei Stromeerzeugung mit Drachen

Klingt verrückt, funktioniert aber richtig gut: Das niederländische Unternehmen Kitepower erzeugt Energie mit Hilfe von Flugdrachen. Die haben einen höheren Wirkungsgrad als klassische Windturbinen, kommen jedoch mit 90 % weniger Material aus! Kein Wunder, dass selbst das niederländische Verteidigungsministerium schon auf das Spin-Off der Uni Delft aufmerksam geworden ist. Wir haben mit Gründer und CEO Johannes Pechel über die einzigartige Technologie gesprochen und über die Kooperation mit Greener, einem Anbieter für mobile Batteriespeicherung. 

Johannes, wie bist du auf die Idee gekommen, mit Hilfe von Flugdrachen Energie zu erzeugen?

Ich habe 2013 mit dem Kite-Land-Boarding in Berlin-Tempelhof begonnen, als das ehemalige Flugfeld für die Öffentlichkeit geöffnet wurde. (Un-)glücklicherweise brach ich mir eines Tages den Arm und dachte im Krankenhaus über bessere Möglichkeiten nach, diese starke Energie zu nutzen. Ich fand heraus, dass die TU Delft bereits daran forschte, wie Kites Strom erzeugen können, also wandte ich mich an sie, um mehr zu erfahren. Ein paar Jahre später gründete ich dann das Unternehmen als Spin-off der Universität.

Welche Vorteile bietet eure Technologie beispielsweise im Vergleich zu klassischen Windkraftanlagen?

Herkömmliche Windenergiesysteme beruhen auf der Stromerzeugung mit Hilfe von Windturbinen, die auf dem Boden installiert werden. Das bedeutet: hohe Türme, schwere Fundamente und allgemein viele Ressourcen. Ein aufwändiger Transport und eine ebenso aufwändige Installation sind nötig. Zudem können die Turbinen nur Winde in niedrigeren Höhen (80 – 100 m) nutzen. Das heißt, die schwierige Logistik schränkt die geografische Vielseitigkeit ein. Und die begrenzte Höhe mindert die Effizienz. Bei Kitepower entwickeln wir kostengünstige Alternativen zu konventionellen Windturbinen, indem wir leichte Kites zur Stromerzeugung einsetzen.

Die Airborne Wind Energy Systems (AWES) von Kitepower benötigen weder ressourcenintensive Türme noch schwere Fundamente und sind daher leicht zu transportieren und aufzustellen. Die drachenbetriebenen AWES verbrauchen bis zu 90 % weniger Material als Windturbinen mit einer vergleichbaren Leistung. Sie sind gleichzeitig in der Lage, einen größeren Windgeschwindigkeitsbereich zu nutzen und stärkere sowie anhaltende Winde in bis zu 400 m Höhe anzuzapfen. Unser Produkt hat eine geringe Umweltbelastung, da der Drachen in großer Höhe fliegt, was das System leise und fast unsichtbar macht.

Wow, das klingt großartig. Aber es gibt noch mehr Vorteile, oder?

Außerdem passt ein Kitepower-System in einen 20-Fuß-Container, was den Transport sehr einfach macht. Und es kann in weniger als 24 Stunden installiert und betrieben werden. Die Vielseitigkeit von AWES eröffnet neue geografische Märkte für die Erzeugung von dezentraler Windenergie. Sie ermöglicht es Einsatzorten und Gemeinden in abgelegenen und ländlichen Gebieten der Welt, sich von teuren und umweltschädlichen fossilen Brennstoffen zu emanzipieren.

Die AWES von Kitepower können in rauen Umgebungen eingesetzt werden. Sie sind in der Lage, bei Tag und Nacht an bewölkten und regnerischen Tagen Strom  zu erzeugen, wobei höhere Kapazitätsfaktoren als bei Photovoltaik und konventionellen Windturbinen gewährleistet sind. Die Integration von Kitepower in ein Mikronetz in Kombination mit Batterien bedeutet, dass Dieselgeneratoren vollständig abgeschaltet werden können.

Die Hybridisierung mit Windenergie aus der Luft führt allgemein zu einem geringeren Dieselverbrauch und mehr sauberer Energie. Damit sind wiederum erhebliche finanzielle Einsparungen verbunden, selbst in Gebieten, in denen nicht ständig hohe Windgeschwindigkeiten herrschen. Kitepower ermöglicht eine Verringerung der CO2-Emissionen, indem wir den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung von Mikronetzen ausbauen. Damit können wir Unternehmen einen wirtschaftlich tragfähigen Weg zur Dekarbonisierung bieten.

Es gibt einige Startups, die innovative Produkte in diesem Bereich entwickeln. Ihr seid jedoch bereits so erfolgreich, dass das niederländische Verteidigungsministerium ein Projekt mit euch in der Karibik durchgeführt hat. Was zeichnet euch aus und wie ist es zu diesem Projekt gekommen?

Es gibt andere großartige Unternehmen da draußen und wir haben alle das gleiche Ziel, aber Kitepower ist etwas Besonderes aus den folgenden Gründen:

  • Starke Partner: Wir lagern den größten Teil der Produktion aus. Das ermöglicht uns, das Team relativ klein zu halten, was die Burn-Rate und das Risiko niedrig hält und uns gleichzeitig erlaubt, schnell zu skalieren. Darüber hinaus bietet uns unser Forschungspartner TU Delft die grundlegende wissenschaftliche Unterstützung für unseren Erfolg.
  • Unser System ist modular und so einfach, wie es nur geht: Keine unnötigen Komponenten – das macht es kostengünstig und flexibel zugleich. Und das Wichtigste: Es funktioniert!
  • Wir sind agiler und können schnell auf Veränderungen reagieren. Kitepower ist aufgrund von zwei Kernmerkmalen marktfähig geworden: einfachheit und geringe Kosten für die Behebung von Fehlern.

Die Technologie, die dem 100-kW-System von Kitepower zugrunde liegt, wurde seit 2004 an der TU Delft entwickelt. Die Flugerprobung des 20-kW-Demonstrators begann 2010 und wurde von Kitepower 2016 fortgesetzt, wobei die Technologie auf 100 kW hochskaliert wurde.

Batteriespeicher sind ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien. Ihr kooperiert in diesem Bereich mit Greener. Wie kam es dazu und warum passen eure Dienstleistungen so gut zusammen?

Wir arbeiten schon seit einigen Jahren mit Greener in Aruba zusammen und haben unsere Systeme gemeinsam getestet. Wir sind der Meinung, dass sie perfekt zusammenpassen, weil ihre großen Batterien unsere Zyklen puffern können und eine gleichbleibende Stromleistung rund um die Uhr gewährleisten. Außerdem lassen sich die Batterien leicht einsetzen.

Welche besonderen Herausforderungen musstet ihr im Laufe der Zusammenarbeit mit Greener bewältigen und welche Erfahrungen habt ihr dabei gesammelt?

Aus rechtlichen Gründen benötigen wir derzeit Mitarbeiter, die das System vor Ort sowie remote überwachen. Wir müssen unsere Kites an mehreren Standorten sicher betreiben und eine nachweisliche Erfolgsbilanz erzielen, um den Personalaufwand für die Überwachung zu verringern und es dann ausbauen.

In Zusammenarbeit mit Greener bietet ihr euren Kunden ein hohes Maß an Flexibilität. Warum ist das wichtig und welche Kunden sprecht ihr insbesondere an?

Die Nachfrage nach erneuerbaren Energien steigt stetig an. Die Erzeugung von Strom etwa aus Solarenergie ist nur bei Tageslicht möglich. In der Nacht sind immer noch eine Batterie oder ein Dieselzusatz erforderlich.

Außerdem sind die Installationskosten und der Platzbedarf von Photovoltaik-Kraftwerken enorm, während ihre Ausfallsicherheit sehr gering ist. Herkömmliche Windturbinen sind aufgrund der hohen Transportkosten und der erforderlichen schweren Fundamente ebenfalls nicht realisierbar.

Kitepower bietet mobile Windenergielösungen an, die leicht zu transportieren und zu installieren sind und nur eine kleine Grundfläche (m2) benötigen. Unsere Systeme können in bestehende Mikronetze integriert werden, z. B. mit Batterien, Solaranlagen, Dieselmotoren oder dem Stromnetz. Am wichtigsten ist, dass wir mehr als 75 % der Zeit Strom liefern können bei einem weitaus höheren Wirkungsgrad gegenüber Photovoltaik (12 %) und herkömmlichen Windkraftanlagen (35 %).

Mit Greener können wir das gesamte Spektrum der temporären Stromversorgung abdecken, von Kunden, die CO2-freie Baustellen benötigen, bis hin zu Veranstaltungen, mobilem Laden von Elektrofahrzeugen und temporären Netzinstallationen.

Wie wirkt sich die aktuelle Gas- und Stromkrise auf euer Unternehmen aus? Es klingt, als könntet ihr Teil der Lösung sein!

Ja, in der Tat, wir haben als Nischenprodukt begonnen, das vorübergehend Strom an abgelegenen Orten erzeugt, aber unsere Technologie hat das Potenzial, eine sehr große Rolle in der Zukunft der Energie zu spielen. Durch die Einsparung von 90 % der Ressourcen, die für die herkömmliche Windenergie erforderlich sind, und die gleichzeitig viel geringeren Umweltauswirkungen ist sie definitiv sehr wettbewerbsfähig.

Kontakt

Webseite: https://thekitepower.com

LinkedIn: Johannes Pechel

 

Über Ambivation

Ambivation verbindet innovative Unternehmen und Startups für Kooperationen und Innovationspartnerschaften. Dabei fördert Ambivation als Innovationsberatung und Matchmaker die Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Startups im Rahmen von konkreten Kunden-, Lieferanten- und Forschungspartnerschaften. Wir unterstützen Unternehmen bei der Bedarfsidentifikation, Startupidentifikation, Startupbewertung und Kooperationsanbahnung mit Startups. Dazu dienen Formate wie beispielsweise die Recherche von relevanten Startups, ein Startup-Monitoring, strategische Kooperationsberatung oder Eventformate wie Startup Touren. Unser monatlicher Newsletter informiert zudem über aktuelle Kooperationsbeispiele und Events.