Wiederverwendung von Baumaterialien: Karstadt setzt auf Startup Concular
Traurig, aber wahr: Bisher ist die Baubranche in puncto Material- und Energieverbrauch der größte Umweltverschmutzer der Welt. Damit sich das bald ändert, unterstützt das Berliner Startup Concular namhafte Unternehmen bei der Wiederverwertung von Baumaterialien. Wie es dazu kam und wie die aktuelle Kooperation zwischen Concular und Karstadt genau funktioniert, berichtet Mitgründer Dominik Campanella im Interview mit Ambivation.
Hey Dominik, erzähl uns doch zuerst einmal etwas zu deinem persönlichen Hintergrund! Wie seid ihr dazu gekommen, Concular zu gründen?
Ich selbst komme tatsächlich gar nicht aus der Baubranche, sondern habe Informatik und Management studiert. Danach hatte ich die Möglichkeit, in verschiedenen Ländern für Google zu arbeiten. 2012 haben mein Freund Julius und ich einen Architekten getroffen, der uns eindrücklich davon berichtete, wie viel Abfall auf Baustellen entsteht und dass es bis dahin keine echte Möglichkeit zur Wiederverwertung gab.
Wir gründeten neben unserer Arbeit Restado.de, heute Europas größter Marktplatz für Baustoffe aus dem Rückbau sowie Materialien, die auf Baustellen übriggeblieben sind. Damit sprechen wir aber vor allem Privatleute und kleine Unternehmen an. Als wir merkten, dass das Thema Wiederverwendung immer größer wird, kündigten wir unsere Jobs und gründeten Concular. Hier arbeiten wir bei Projekten im Millionenbereich mit namhaften Partnern wie SIGNA, Mercedes Benz, der Telekom und vielen anderen zusammen.
Das klingt spannend! Warum ist das Thema Wiederverwendung denn insbesondere im Bereich Bauen aktuell so brisant?
Die Baubranche ist nicht nur mit Abstand der größte CO2-Produzent der Welt. Sie verbraucht auch etwa 80 Prozent aller Materialien und ist für 60 Prozent unseres Mülls verantwortlich. In Zeiten, in denen der Rohstoffmangel und der Klimawandel immer deutlicher spürbar werden, muss sich hier also unbedingt etwas tun. Hinzu kommen für Bauherren die verschärften gesetzlich Regularien. Viele müssen z. B. eine Ökobilanz erstellen.
Wie helft ihr euren Kunden, nachhaltiger zu agieren?
Zum einen helfen wir Kunden, Materialien, die beim Rückbau von Baustellen anfallen, wieder in einen Verwendungskreislauf zu bringen, sodass die Kosten für die Entsorgung wegfallen. In manchen Fällen findet die Wiederverwendung innerhalb des eigenen Bauprojektes statt. In anderen werden die Baustoffe an Dritte verkauft. Das heißt, darüber hinaus unterstützen wir auch Bauherren, die bewusst auf nachhaltige, wiedergewonnene Materialien zurückgreifen möchten. Zudem erhalten wir häufig Anfragen von Architekturbüros, die sich aus ästhetischen Gründen für unseren Materialkatalog interessieren.
Kannst du mehr von einer eurer aktuellen Kooperationspartnerschaften berichten?
Ja, gern! Aktuell arbeiten wir z. B. mit SIGNA am Karstadt am Hermannplatz zusammen. Wir haben das Kaufhaus am Berliner Hermann-Platz komplett digitalisiert, alle Materialien katalogisiert und dafür gesorgt, dass sie im eigenen Gebäude – denn das ist am nachhaltigsten – bzw. bei anderen Baustellen im Berliner Umland wiederverwendet werden.
Wie seid ihr mit Karstadt in Kontakt gekommen?
Tatsächlich ist ein Projektentwickler direkt auf uns zugekommen, weil es im Gebäude so viele Materialien gab, die noch in einem recht guten Zustand waren.
Wie geht ihr bei der Digitalisierung vor?
Wir sind in der Lage, 3-D-Scans vom Gebäude zu machen. Zudem haben wir eine eigene Software entwickelt, die z. T. sogar die Materialien erkennt. Ganz ohne Menschen geht es aber nicht. Natürlich müssen wir trotzdem einiges nachtragen.
Gab es bei diesem Projekt besondere Herausforderungen, die ihr überwinden musstet?
Auf jeden Fall: Das Gebäude wurde in sieben verschiedenen Bauphasen immer wieder erweitert. Das heißt, es gab viele unterschiedliche Materialien und es waren viele verschiedene Akteure involviert. Die größte Herausforderung bestand aber darin, dass das Haus während der Erfassung weiterhin in Betrieb blieb.
Nicht jeder kann sich vorstellen, wie Materialien aus früheren Jahrzehnten in einem neuen Gebäude wieder verwendet werden und dabei auch noch richtig chic aussehen. Wie seid ihr in diesem Projekt damit umgegangen?
Nachdem wir alle Materialien katalogisiert hatten, wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, bei dem es inzwischen einen Gewinner gibt. Generell ist es so, dass wir einige Architekten bei uns im Team haben und unsere Kunden dahingehend gut beraten können.
Was sagt ihr potenziellen Kunden, die meinen, die Wiederverwendung wäre im Vergleich zur Entsorgung zu aufwändig und teuer?
Natürlich nimmt so ein Rückbau eine gewisse Zeit in Anspruch. Im Vergleich zur Entsorgung ist die Wiederverwendung aber viel günstiger. Hinzu kommt die Energiebilanz. Wenn wir einen Stahlträger wieder verwenden, bedeutet das gegenüber der Neufertig eine Energieersparnis von 98 Prozent.
Und wie geht ihr damit um, wenn schadstoffbelastete Materialien verbaut wurden?
Dafür finden wir immer eine Lösung. Tatsächlich gibt es in fast allen Gebäuden schadstoffbelastete Baustoffe, insbesondere in älteren Gebäuden von vor 2000. Wir erstellen dann ein Schadstoffgutachten. Und beim Rückbau muss entsprechende Schutzkleidung getragen werden.
Das klingt wirklich gut! Was treibt dich persönlich an, Dominik?
Die Baubranche ist der größte Umweltverschmutzer der Welt. Wenn wir nur ein Prozent der Branche verändern, wäre das schon ein riesiger Erfolg.
Und was plant ihr für die nächste Zukunft?
Aktuell planen wir gemeinsam mit dem Berliner Senat die Eröffnung des ersten Reuse Baumarktes in Berlin.
Kontakt
Webseite: https://concular.de
LinkedIn: Dominik Campanella
Über Ambivation
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