Health Tech: eCovery kooperiert mit AOK PLUS

Nach einem Unfall, einer OP oder auch ganz allgemeinen Problemen mit Hüfte, Knie und Rücken ist es wichtig – aber auch verdammt schwierig – regelmäßig zuhause zu trainieren. Schließlich gilt es dabei, nicht nur Schmerzen, sondern vor allem den viel beschworenen „inneren Schweinehund“ zu überwinden. Das Leipziger Startup eCovery hat gemeinsam mit Ärzten, Psychologen und Experten der Krankenkassen eine Therapie-App entwickelt, die Patienten mithilfe von Übungsvideos sowie Tools zur Motivation und Selbstkontrolle bei der Therapie in den eigenen vier Wänden unterstützen soll. Inzwischen gilt die intelligente App sogar als Medizinprodukt. Mitgründer Benedict Rehbein berichtet von dem langen Weg dorthin und erklärt, wie Künstliche Intelligenz Menschen bei der Prävention und Genesung unterstützt.

Benedict Rehbein (rechts) im Planungsgespräch mit dem eCovery Team und der AOK PLUS

Benedict, Hut ab! Du hast bereits seit vielen Jahren deine eigene Kommunikationsagentur in Leipzig und startest nun auch mit eCovery richtig durch. Wie kam es dazu?

Ich glaube, das ist eine Typfrage. Ich bin einfach begeisterungsfähig und habe mir meine kindliche Entdeckungslust bewahrt. Als mir mein guter Freund und Mitgründer Alexander Georgi von dem Bedarf nach einer Therapie-App für zuhause berichtet hat, habe ich sofort gedacht: Das müssen wir machen, sonst tut‘s jemand anderes.

Wie ging es weiter?

Wir haben das Konzept bei der SMILE Gründernacht 2017 vorgestellt und wurden als „Beste Startup-Idee“ ausgezeichnet. Das hat uns noch einmal bestärkt. Wir haben also das Geschäftsmodell entwickelt und weitere Experten mit an Bord geholt, darunter unseren Juristen Marcus Rehwald, die Biologin Katja Krempler, die Psychologin Henrike Wandrer und einige weitere. Zudem haben wir von Anfang an über unser Netzwerk Ärzte und Experten von Krankenkassen in den Prozess einbezogen. Dadurch waren wir richtig gut aufgestellt und konnten ein Produkt entwickeln, das sowohl Patienten als auch Mediziner und Kassen überzeugt.

Eure App ist als „Medizinprodukt“ deklariert. Wie unterscheidet sie sich von klassischen Trainings-Apps?

Ein Medizinprodukt richtet sich an Patienten, also Menschen mit einer diagnostizierten Verletzung oder Erkrankung – eine besonders schützenswerte Personengruppe. Der Prozess zu einem solchen Produkt ist daher wahnsinnig aufwendig, weshalb wir von der Idee bis zur Einordnung als Medizinprodukt erst einmal fast drei Jahre durchhalten mussten. eCovery basiert auf medizinischen Grundlagen und Studien. Wir mussten eine Risikoprüfung durchlaufen und haben extra eine Stelle eingerichtet, die sich um das Qualitätsmanagement kümmert. Unsere App dient also nicht dem Fitness-Training, sondern ist eine medizinisch fundierte, digitale Therapie. Zu Beginn der Nutzung führen wir dabei eine Anamnese durch. Nach jeder Einheit gibt der Nutzer an, ob und wie sich Schmerzen und Funktionstüchtigkeit verändert haben. Alle sechs Wochen erstellen wir zudem mit den Nutzern einen medizinischen Score, der den Patienten selbst, aber auch ihren Therapeuten bei der Auswertung hilft.

Wie kommt dabei Künstliche Intelligenz ins Spiel?

Unsere KI hilft uns bei der automatisierten Auswertung und Anpassung der Trainingsintensität. Wenn Nutzer etwa angeben, dass das Training zu leicht oder zu schwer war oder sie besondere Schmerzen hatten, werden die Übungen an ihre Bedürfnisse angepasst. Wer bestimmte Übungen vergisst oder meidet, wird von uns auch direkt kontaktiert. In diesem Prozess wird unsere KI immer schlauer und kann sich noch besser auf die Patienten einstellen. Seit geraumer Zeit experimentieren wir außerdem mit Sensoren und Kameras, damit wir den Nutzern künftig auch live ein Feedback dazu geben können, ob sie die Übungen richtig ausführen.

Kürzlich seid ihr mit der AOK PLUS in ein Pilotprojekt gestartet, wie kam es dazu?

Der Kontakt kam über den Leipziger SpinLab Accelerator zustande. Die AOK PLUS ist dort Partner und hatte sich ein Tool für die hybride Versorgung gewünscht, bei der auch die Physiotherapiepraxen mit an Bord sind. So kam es zu unserem Pilotprojekt. Dieses läuft aktuell in verschiedenen Städten in Sachsen und Thüringen. Wir arbeiten mit etwa 15 Praxen zusammen.

Das eCovery Team im „SpinLab“ in Leipzig

Gab es eine besondere Herausforderung in der Zusammenarbeit?

Natürlich sind die Abstimmungsprozesse in einer Krankenkasse aufwendiger und langwieriger als bei einem Startup. Für uns als Gründer bedeutete das: geduldig bleiben und durchhalten. Dafür hat uns die AOK PLUS aber mit ihren Fachleuten und ihrem Juristenteam wunderbar unterstützt. Es gab so viele Fragen zu klären: Wie rechnen wir korrekt ab? Wie müssen Rezepte gestaltet und ausgefüllt sein? Wie sollten die Verträge mit den Physiotherapiepraxen aussehen? Wir haben in diesem gemeinsamen Prozess wahnsinnig viel dazu gelernt. Heute nutzen bereits mehrere tausend Menschen eCovery und trainieren gegen ihre Schmerzen an. Das Feedback dieser Nutzerinnen und Nutzer hilft uns, noch besser zu werden.

Ältere Menschen leiden besonders häufig an Knie-, Rücken- oder Hüftproblemen. Ist die App für sie aber überhaupt geeignet?

Auf jeden Fall! Wir haben die App für diese Zielgruppe extra nutzerfreundlich gestaltet. Wer dem Enkelkind eine WhatsApp-Nachricht schreiben kann, kommt auch mit eCovery zurecht. Wir haben eine Studie mit Probanden aller Altersgruppen durchgeführt. Mit überraschenden Ergebnissen: Unsere älteren Nutzer bleiben sogar konsequenter am Ball als die jüngeren, die die Erinnerung zum Training im Zweifelsfall zwischen vielen anderen Nachrichten auch mal „wegswipen“. Die meisten Vertreter der Generation Ü60 sind ziemlich fit mit dem Smartphone unterwegs und werden von uns „Jungen“ diesbezüglich gern unterschätzt.

Kontakt

Web: ecovery.de

LinkedIn: Benedict Rehbein

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