Virtuelle Kraftwerke: Startup Energiekoppler kooperiert mit Energieerzeuger LEAG

Die Energiewende nimmt an Fahrt auf. Spätestens seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist klar: Wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen. Nicht nur aus ökologischen und ökomischen, sondern auch aus politischen Gründen. Innovative Technologien von Startups wie Energiekoppler können dabei eine wichtige Unterstützung sein. Das Dresdener Team bietet Betreibern kleiner bis mittelgroßer Energieanlagen eine Möglichkeit, die vorher nur Konzernen vorbehalten war: Sie können sich in virtuellen Kraftwerken vernetzen, bei Bedarf ihren Eigenverbrauch optimieren und erfolgreich am Strommarkt partizipieren. Energiekoppler-Mitgründerin Irina Weis berichtet, wie das Startup jetzt mit Energieerzeugern wie der Lausitzer LEAG kooperiert.

Irina, bisher war die Teilnahme an virtuellen Kraftwerken vor allem größeren Energieversorgern vorbehalten. Woran lag das?

Anlagen zu einem virtuellen Kraftwerk zu vernetzen, war lange Zeit mit einem hohen Installations- und Konfigurationsaufwand sowie Manpower verbunden. Um eine Energieanlage ins Virtuelle Kraftwerk einzubinden, mussten für jede Anlage Schnittstellen geschaffen, Anlagenparameter konfiguriert und Abstimmungen z.B. zur Kommunikationsanbindung, getroffen werden. Das hat sich einfach erst ab einer gewissen Leistungsklasse gelohnt.

Mit Energiekoppler können jetzt auch kleine bis mittelgroße Energieerzeuger Teil von virtuellen Kraftwerken werden. Wie funktioniert das genau? 

Um eine Lösung für diese Zielgruppe zu finden, haben wir neun Jahre lang an der TU Dresden geforscht und schließlich unser Unternehmen gegründet. Über unsere swarmBox können wir viele verschiedene Modelle von Windkraftanlagen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen, Batteriespeichern, Brennstoffzellen und sogar Elektrofahrzeugen vernetzen. Den initialen Konfigurationsaufwand pro Energieanlage haben wir dabei gegenüber der Einbindung in klassische Virtuelle Kraftwerke um stolze 70 Prozent reduziert.

Unsere swarmBOX erfasst und verarbeitet alle Erzeugungs- und Verbrauchsdaten zu Planungskriterien. Wir können also zu jedem Zeitpunkt identifizieren, wie hoch der Eigenbedarf des Erzeugers für Strom, Wärme und E-Mobilität ist, den Eigenverbrauch im Gebäude optimieren und prognostizieren, wie viel Energie – auch in Abhängigkeit zum Wetter vor Ort – für den Markt zur Verfügung steht.

Was passiert dann mit den Daten?

Die swarmBOX ermittelt auf Basis der Daten die Steuerbarkeit der Energieanlage, die sogenannte Flexibilität, und gibt diese Kenngröße an unseren zentralen Koordinator, den swarmHUB, weiter. Dieser bildet den Mittelpunkt unserer virtuellen Kraftwerke, die wir Flexibilitätswerke nennen.

Der swarmHUB fungiert als die Schnittstelle zum Energiehandel. Er steht mit allen swarmBoxen in Verbindung und sorgt dafür, dass Erzeugung und Verbrauch auf Netzebene im Gleichgewicht bleiben. Damit das funktioniert, steuern wir die Energieanlagen unserer Kunden aus der Ferne. So können wir mit unserem Pool von kleinen und mittleren Erzeugern am regionalen Energieausgleich sowie am Energiehandel teilnehmen.

Das klingt nach einer Win-win-Situation für alle Beteiligten. Wie habt ihr eure ersten Kooperationspartner gewonnen?

Tatsächlich haben wir einfach Kaltakquise gemacht und hatten dabei das Glück, bei der LEAG direkt die richtige Person zu erreichen, den Innovationsmanager Robert Klimpke. Die Mitarbeiter bei der LEAG hatten sich damals selbst bereits mit dem Thema virtuelle Kraftwerke beschäftigt und einiges Knowhow gesammelt, sodass wir uns gegenseitig sofort verstanden.

Parallel dazu haben wir uns erfolgreich für den SpinLab Accelerator in Leipzig beworben. Herr Klimpke kam dort manchmal einfach vorbei und hat sich zu uns gesetzt. So wurden die Gespräche immer intensiver und das gegenseitige Vertrauen wuchs.

Wie sah euer erstes gemeinsames Pilotprojekt aus?      

Bevor wir richtig in das Geschäftsverhältnis mit der LEAG gekommen sind, haben wir die Funktionsweise unserer Technologie bei einem Testprojekt unter Beweis gestellt: Wir durften zunächst die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der LEAG in unser Flexibilitätswerk einbinden und für das Unternehmen eine Eigenbedarfsprognose erstellen. Die Mitarbeiter konnten dadurch besser planen, wie viel des selbst erzeugten Stromes für den Energiehandel zur Verfügung steht.

Mittlerweile sind wir feste Partner und binden zahlreiche weitere Anlagen der LEAG sowie von Kunden der LEAG schnell und automatisiert in unserer Flexibilitätswerk ein. Zudem freuen wir uns sehr, dass unsere Technologie die LEAG so überzeugt hat, dass das Unternehmen auch als Investor bei uns eingestiegen ist.

Das klingt wirklich toll! Ihr habt erst 2020 gegründet. War das angesichts der Corona-Krise nicht besonders schwierig?

Tatsächlich kann man rückblickend sagen, dass wir trotz der Einschränkungen viel digital präsent waren und gut vorangekommen sind. Gerade im vergangenen Jahr haben wir ein ordentliches Wachstum hingelegt und unsere Leistung von 250 MW auf 1 GW der vernetzten Gesamtleistung mit zahlreichen Kunden gesteigert. Mittlerweile sind über 500 Anlagen über unsere Flexibilitätswerke vernetzt und wir konnten vier neue Mitarbeiter einstellen.

Hast du einen Tipp für andere Startups, die erfolgreich mit etablierten Unternehmen zusammenarbeiten wollen?

Das Wichtigste ist, sich nicht zu verstecken, sondern ordentlich Klinken zu putzen. Uns hat zudem das Accelerator-Programm im Leipziger SpinLab sehr geholfen ein breites Netzwerk aufzubauen.

Welcher Trend zeichnet sich aus deiner Sicht aktuell in der Energiebranche ab?

Erneuerbare Energien und Quartierslösungen wie lokale Energie-Communities sind definitiv auf dem Vormarsch. Unsere Technologie kann dabei einen elementaren Beitrag leisten. Entscheidend ist aber, dass die Politik jetzt nachzieht und die regulatorischen Rahmenbedingungen anpasst. Unternehmen, die das Thema gemeinsam mit uns vorantreiben möchten, dürfen sich gern bei uns melden!

Kontakt

Webseite: dieenergiekoppler.com

LinkedIn:  Irina Weis

 

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