Mentale Gesundheit: Versicherer AXA kooperiert mit Startup HelloBetter

Jeder dritte Deutsche ist im Laufe seines Lebens mindestens einmal von einer psychischen Erkrankung betroffen. Dennoch erhalten die Wenigsten sofort die Hilfe, die sie tatsächlich benötigen. Bis Patienten einen Therapieplatz bekommen, vergehen oft Monate. HelloBetter bietet dafür eine niederschwellige Lösung an: wissenschaftlich geprüfte psychologische Online-Trainings mit persönlicher Begleitung. Das Versicherungsunternehmen AXA Schweiz hat das Potential des Startups erkannt und will nach einem erfolgreichen Pilotprojekt nun langfristig mit HelloBetter kooperieren. Im Interview berichten uns Open Innovation Manager Bettina Naef und Jacopo Dandrea von der AXA von ihren Erfahrungen in der Zusammenarbeit.

Unsere Interview-Partner Jacopo Dandrea und Bettina Naef von der AXA Schweiz

Bettina und Jacopo, ihr seid beide Open Innovation Manager bei der AXA Schweiz. Was können wir uns darunter genau vorstellen?

Bettina: Unser Schwerpunkt liegt nicht auf dem Kerngeschäft der AXA, den Versicherungen, sondern auf neuen Services. Wenn wir ein besonderes Kundenbedürfnis identifiziert haben, suchen wir nach Startups, die sich bereits mit einer guten Lösung dazu am Markt etablieren konnten.

Jacopo: Dabei sind wir in den Ökosystemen Life & Health, Mobilität und KMU unterwegs.

Wie kommt ihr in Kontakt mit den Startups?

Bettina: Wir gehen sehr gezielt auf Startups zu. Wir machen ein Screening zu dem jeweiligen Thema und haben dann möglicherweise eine Longlist von etwa 80 Startups, die wir uns anschauen. Anschließend gibt es ein Callup mit 10 bis 15 Startups. Die Liste verkleinert sich weiter, wenn wir dann noch einen Workshop mit 4 oder 5 Startups durchführen. So finden wir zum Schluss einen guten Partner.

Wie kam es zu der Kooperation mit HelloBetter?

Bettina: Wir haben HelloBetter im Rahmen des Kickstart-Programmes bei uns in der Schweiz kennengelernt. Dieses bringt Startups, Unternehmen und Institutionen zusammen, um gemeinsam Pilotprojekte zu entwickeln. Während des Programms ist es noch nicht zu einer Kooperation gekommen, aber wir hatten bereits einen sehr guten Eindruck aus den Gesprächen mit HelloBetter. Unsere aktuelle Zusammenarbeit zeigt, dass solche Begegnungen auch eine längerfristige Wirkung entfalten können.

Welches Kundenbedürfnis lag eurer Kooperation zugrunde?

Bettina: Wir haben zahlreiche Befragungen im Bereich Mental Health durchgeführt, sowohl mit Betroffenen als auch mit Psychotherapeuten und diverse Studien gesichtet. Dadurch wissen wir, wie viele Menschen sich z. B. bei der Arbeit gestresst fühlen oder psychische Probleme haben und viel zu lange auf eine Therapie warten müssen. Nicht wenige bekommen dadurch mittelfristig gar keine Diagnose. Das Thema psychische Gesundheit ist immer noch stigmatisiert. Viele Menschen sprechen nicht über ihre Beschwerden oder reden sich ihre Probleme klein. Oft gibt es keine niederschwellige Hilfe bzw. ist sie für die Betroffenen mitunter einfach nicht sichtbar.

Jacopo: Die Problematik betrifft unglaublich viele Menschen. Bei uns in der Schweiz sind das etwa 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung. Viele haben nur eine leichte Symptomatik, die sich aber verschlimmern kann, wenn sie keine Hilfe erhalten.

Wie habt ihr die Kooperation mit HelloBetter in die Wege geleitet?

Bettina: Wir hatten, wie gesagt, schon länger Kontakt, dadurch ging es ganz einfach. Wir haben besprochen, wie ein gemeinsames Projekt aussehen könnte und schnell festgestellt, dass das für beide Seiten interessant ist. Es wurde ein kurzer Pilot-Vertrag erstellt, die Customer-Journey entworfen und eine einfache Landing-Page aufgesetzt.

Wie ging es dann weiter?

Bettina: Im Pilotprojekt haben wir eine E-Mail-Kampagne gestartet und unseren Kunden Rabattcodes für HelloBetter angeboten. Inzwischen haben wir die Pilotziele erreicht und sind nun an der Ausarbeitung eines längerfristigen Angebots- und Kooperationsmodells.

Jacopo: Solche Pilotprojekte sind sehr wichtig für uns, bevor wir Produkte und Services tatsächlich in unser längerfristiges Angebot aufnehmen. Sie helfen uns beispielsweise abzuschätzen, ob das Angebot für unsere Kunden einen Nutzen bringt oder ob eine Zahlungsbereitschaft vorhanden ist.

Wie profitieren beide Seiten bei eurer Kooperation?

Bettina: Wir sensibilisieren unsere Kunden bezüglich psychische Gesundheit und bieten ihnen einfachen Zugang zu präventiven Online-Trainings. So bewahren wir vielleicht einige vor einer Erkrankung. Für HelloBetter ist es eine Möglichkeit, ihr Angebot in der Schweiz zu platzieren und ihr Geschäft hier auszubauen.

Nach welchen Kriterien sucht ihr Startups aus, mit denen ihr kooperiert?

Bettina: Das Wichtigste ist ein Problem-Solution-Fit – eine Lösung für das Kundenproblem, das wir identifiziert haben. Für uns kommt es außerdem darauf an, dass das Startup sich schon am Markt etabliert hat und einen gewissen Kundenstamm vorweisen kann. Wir verhandeln nicht mit Startups, die sich noch einem sehr frühen Stadium befinden. Darüber hinaus ist auch der Cultural Fit ausschlaggebend – man muss sich vorstellen können, zusammenzuarbeiten. Eine weitere Anforderung wäre die Sprache: In unserem Fall muss das Startup längerfristig in der Lage sein, unsere deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Kunden anzusprechen.

Habt ihr zum Schluss noch einen Tipp für andere Unternehmen, die mit Startups kooperieren wollen?

Bettina: Wir haben einen sehr einfachen Vertrag für Kooperationsprojekte mit Startups. Einen solchen gekürzten Vertragsentwurf für Pilotprojekte aufzusetzen würde ich jedem Unternehmen empfehlen. Zwei oder drei Seiten reichen. Zudem kann ich nur dazu raten, mit einem Pilotprojekt zu starten.

Jacopo: Wichtig ist es, die Ziele und Erwartungen auf beiden Seiten zu klären. Man sollte auch von Anfang an transparent darüber kommunizieren, was gut oder weniger gut läuft. Dann kann man schnell und flexibel reagieren, wenn Änderungen nötig sind.

Kontakt

Webseite: www.axa.ch

LinkedIn: Jacopo Dandrea, Bettina Naef

Über Ambivation

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