Der Proof of Concept / PoC – Ziele, Methoden, und warum er so wichtig ist
Was ist der Proof of Concept?
PoC, Proof of Concept, Machbarkeitsnachweis oder auch Proof of Principle – dabei handelt es sich um einen wichtigen Meilenstein in einer frühen Phase der Entwicklung einer Idee, bis hin zum fertigen Produkt. Der PoC kann aufweisen, ob eine Geschäftsidee die potenzielle Voraussetzung hat zu funktionieren, sich wirtschaftlich zu rentieren, und zudem in der Praxis realistisch umsetzbar ist. Er ist insofern sinnvoll, als dass Ideen zunächst getestet werden bevor für ihre Realisierung Kapital und Ressourcen aufgewendet werden. Somit entscheidet der PoC über den weiteren Verlauf des Projektes. Es gibt verschiedene Möglichkeiten einen Proof of Concept zu erbringen, die unter anderem davon abhängig sind, durch wen er vollbracht wird, und mit welcher Intention. So ist der PoC nicht nur im Projektmanagement, sondern auch in der Startup Szene gängige Praxis. Häufig verlangen Investoren einen PoC bevor sie bereit sind sich an einem Projekt zu beteiligen, daher hat der PoC für Gründer eine besondere Relevanz.
Anwendungsfelder und Relevanz des PoCs
Der PoC findet Anwendung im Projektmanagement und gilt als äußerst wichtiger Abschnitt, da er die Durchführbarkeit einer Idee prüft. Je nach Ergebnis entscheidet er darüber, ob diese fortgeführt und in die Realität umgesetzt, oder verworfen bzw. überarbeitet wird. Damit ist der PoC für die weitere Entwicklung des Projektes ausschlaggebend. Häufig beziehen sich die PoCs von Startups vor allem auf die finanzielle Durchführbarkeit ihrer Idee. Denn bevor große Unternehmen mit Startups kooperieren, oder in diese investieren, verlangen sie meist einen Proof of Concept. Oftmals dient er neben dem Prüfen der Machbarkeit auch dazu, sich persönlich und fachlich kennenzulernen und mit ersten Erfolgen in eine langfristige Kooperation zu starten. Können die Startups einen erfolgreichen PoC liefern, öffnet dieser ihnen somit neue Möglichkeiten.
Je nachdem in welchem Kontext der PoC umgesetzt wird, kann die Validierung auf unterschiedlichen Wegen stattfinden. So wird er z. B. in der IT-Branche oft eingesetzt um Sicherheitslücken zu erkennen, während im betriebswirtschaftlichen Bereich der Fokus eher darauf liegt Investoren zu gewinnen. Jeder Gründer und Unternehmer wird früher oder später mit dem PoC konfrontiert, da dieser bedeutende Meilenstein für ein Unternehmen unumgänglich ist. Doch auch für Investoren und Unternehmer ist er relevant, bevor sie in ein Startup investieren oder eine Kooperation eingehen. Insbesondere Venture Capital Investoren verlange in der Regel das Erbringen eines Machbarkeitsnachweises.
Welche Unterschiede gibt es zwischen PoC, Prototyp und MVP?
Proof of Concept, Minimum Viable Product, Prototyp – mit diesen Begriffen werden Stadien der Produktentwicklung beschrieben, die sich zwar gewissermaßen ähneln, jedoch in relevanten Punkten unterscheiden und in verschiedenen Abschnitten auftreten. So wird der Proof of Concept bereits in der Anfangsphase durchgeführt und ist einer der ersten wichtigen Schritte. Es besteht bereits ein Konzept des Produktes, das jedoch noch auf seine Machbarkeit getestet werden muss. Wenn dieser Test sich als erfolgreich erwiesen hat, wird nun im nächsten Schritt der Prototyp erarbeitet. Dieser ist typischerweise weiterentwickelt als der PoC, jedoch immer noch eine Rohversion. Er testet nicht mehr ob das Produkt funktioniert, dieses Kriterium sollte im PoC bereits erfüllt worden sein, sondern veranschaulicht die Art und Weise, wie es funktioniert. Der Fokus liegt hier auf der Präsentation und Kommunikation der Idee. Dadurch soll ein erstes Feedback eingeholt werden, der Prototyp kommt jedoch später in der Produktion nicht zum Einsatz.
Nach einer erfolgreichen Ausarbeitung und eventuellen Verbesserung des Prototyps, wird das Minimum Viable Product erstellt. Beim MVP handelt es sich bereits um eine frühe Version des geplanten Endproduktes, die weiter ausgereift ist als der Prototyp. Es ist jedoch stark Kosten-Nutzen-orientiert und daher auf die nötigsten, wichtigsten Funktionseigenschaften reduziert. So wird z. B. ein sehr viel schlichtere Version des Produktes angeboten, automatisierte Prozesse werden zu Beginn noch manuell durchgeführt, oder die Idee zunächst in lokalem Rahmen getestet und erst später international ausgeweitet. Wichtig bei einem MVP ist, dass es einsatzbereit ist und genutzt werden kann, da es real getestet wird. Das MVP ist die letzte Vorstufe auf dem Weg zum fertigen Produkt, bevor dieses in der endgültigen Variante auf den Markt gebracht wird.
Ziele des Proof of Concept
Je nachdem wer den PoC durchführt, können auch die Intentionen dahinter, bzw. Prioritäten leicht variieren. Einige Ziele sind jedoch allgemeingültig. So dient der PoC grundlegend als Entscheidungsbasis darüber, ob ein Produkt reif für den Markt ist und damit in die Realität umgesetzt werden kann und sollte. Des Weiteren dient der PoC zur Minimierung von unnötigen Kosten und Aufwand von Ressourcen, für eine womöglich noch unausgereifte Idee. Dadurch wird das Risiko eines Misserfolges reduziert, sobald die entsprechende Umsetzung schließlich stattfindet. Zudem können potenzielle Probleme identifiziert werden, die ein noch nicht fertig entwickeltes Produkt aufweisen könnte. Diese Probleme können bspw. logistischer, technischer, finanzieller, rechtlicher oder funktionaler Natur sein, und sollten vor Anwendung des Produktes auf dem Markt ausgebessert werden. Der PoC ist somit ein wichtiger Test, der prüft, inwiefern die Idee von der potenziellen Zielgruppe angenommen und auf dem Markt akzeptiert wird. Außerdem können mithilfe des PoCs die Anforderungen an das Produkt validiert werden. Sowohl die Ziele als auch Art der Durchführung des Proof of Concepts können je nach Branche und Unternehmensform variieren.
Die Ziele von Startup PoCs
Die Ziele, welche Startups mit der Durchführung ihres PoCs erreichen möchten, überschneiden sich in einigen Punkten mit denen größerer Unternehmen. Jedoch ist der Machbarkeitsnachweis für Startups von besonderer Bedeutung, da er ihnen als Sprungbrett zur nächsten Stufe dienen kann. Denn um Investoren zu gewinnen und mit Unternehmen zu kooperieren, muss meist ein erfolgreicher PoC vorgezeigt werden können. Außerdem können Startups sich, insbesondere in der Frühphase weniger Fehlschläge leisten, und können den PoC nutzen, um Risiken und unnötige Kosten zu vermeiden.
Der Einsatz von PoCs in Startup Kooperationen
In der Regel führen Startups einen Proof of Concept durch, um Investoren zu überzeugen und potentielle Kooperationspartner zu gewinnen. Es kommt jedoch auch vor, dass der PoC im Zuge einer Kooperation zwischen Startup und Unternehmen von beiden Parteien gemeinsam durchgeführt wird. In diesem Fall bezieht sich der PoC weniger darauf, ob das Produkt auf dem Markt funktioniert, dieses Kriterium sollte bereits erfüllt worden sein, sondern darauf ob es auch in der Branche, in der es im Kontext der Kooperation angedacht ist anwendbar ist. Dieser Test ist insofern sinnvoll, dass er eine wichtige Basis für eine gute Kooperationspartnerschaft legt. Denn über 50% der PoCs in Kooperationen Scheitern. Damit dies nicht geschieht, sollte zu Beginn bereits festgelegt werden, wie der Erfolg des PoCs definiert wird. Da Unternehmen oftmals an langfristigen Kooperationen interessiert sind, kann es für Startups sinnvoll sein, direkt eine längere Kooperation anzubahnen, und den PoC in den Vertrag miteinzubeziehen. So kann der Kooperationsvertrag. B. für drei Jahre ausgehandelt werden, jedoch früher beendet werden, sollte der PoC am Anfang scheitern (Quelle: capnamic.ventures). Außerdem kann während der gemeinsamen Durchführung des PoC bereits ein erstes Gefühl für den Ablauf der Zusammenarbeit entwickelt werden. Da Startups und Unternehmen sich bezüglich Kultur, Arbeitsweise und Struktur häufig sehr unterscheiden, können hier erste Hürden bereits erkannt werden und bei einer späteren, langfristigen Kooperation beachtet und umgangen werden.
Methoden und Prozess der Durchführung – Wie erbringt man einen PoC?
Es gibt nicht den einzigen, richtigen Weg einen Proof of Concept zu erbringen. Dies kann über unterschiedliche Strategien erfolgen, von denen jede ihre eigenen Vor- und Nachteile mit sich bringt. Die drei gängigsten Methoden stellen wir hier vor.
Marktforschung
Marktforschung zu betreiben, ist eine Möglichkeit einen PoC zu erbringen. Sie kann eine auf Marktanalysen basierende Wahrscheinlichkeit darüber bieten, wie erfolgreich das Konzept auf dem Markt wäre. Die Marktanalyse erfolgt bspw. über Zielgruppenbefragung oder orientiert sich an ähnlichen Modellen, die im Ausland bereits existieren. Größere Unternehmen führen in diesem Kontext häufig standardisierte Marktforschung und statistische Analysen durch, während Startups eher mit Kundeninterviews, Design Thinking und User Research arbeiten. Viele Gründer nutzen auch ihr persönliches Netzwerk oder ihre gesammelten Erfahrungswerte in den letzen Jahren. Aufgrund geringer Investitionen birgt die Marktforschung kaum Risiko, ist jedoch oft hypothetisch und liefert keine handfesten Beweise. Investoren lassen sich durch diese Strategie nicht immer überzeugen. Daher kann eine gute Marktforschung als PoC ausreichen, sollte in der Regel jedoch eher der Vorbereitung dienen, als das endgültige Ergebnis darstellen.
Eine Testversion starten
Eine wenig risikoreiche und dennoch effektive Methode, die sehr verbreitet ist und auch in der Startup Szene größeren Anklang findet, ist ein klein gehaltener Testversuch. Dafür wird die Ideen zunächst in kleinerem Rahmen ausprobiert. Je nach Ergebnis lässt sich das Produkt nochmal anpassen. Einigen Investoren reicht der Testdurchlauf bereits als PoC. Darüber hinaus bietet dieser Weg nicht nur ein geringeres Risiko als ein direkter Markteinstieg, sondern auch den Vorteil, dass Fehler vermieden, bzw. nochmal überarbeitet werden können. Der einzige Nachteil besteht darin, dass die Konkurrenz bei einer erfolgreichen Durchführung schnell auf das Konzept aufmerksam werden kann. Daher sollten die nächsten Schritte in der Entwicklung des Produktes zügig folgen.
Direkter Markteinstieg
Eine mögliche Art den PoC zu erbringen ist, das Produkt direkt auf dem Markt zu bringen und schnell und kontinuierlich iterativ weiterzuentwickeln. Die sofortige Umsetzung wird von Startups nur selten genutzt, meist wenn der Funktionsumfang sehr fokussiert und überschaubar ist. Größere Unternehmen nutzen diesen Weg teilweise, um ein Strategieprojekt aggressiv und schnell umzusetzen. Hier muss die Finanzierung bis zum Erfolg meist selbst getragen werden, dies birgt somit ein hohes Risiko, welches den Nachteil dieser Strategie ausmacht. Der Vorteil hingegen besteht darin, dass im Erfolgsfall der Proof of Concept sehr eindeutig vollbracht ist: Kunden nutzen und kaufen das Produkt. Der direkte Markteinstieg bietet sich in der Regel dann an, wenn man bereits mit einer simplen Lösung mit kleinen Funktionsumfang Mehrwert für den Kunden stiften kann. Wenn hingegen ein weitaus komplexeres Problem zu lösen ist (z. B. CRM, ERP), ist es schwieriger direkt auf dem Markt zu starten und sinnvoll, mit einer Testversion zu starten. Die Art einen PoC zu erbringen ist somit unter anderem von der Komplexität der Geschäftsidee abhängig.
Prozess und Dauer des PoCs
Wie bereits erwähnt, gibt es nicht ausschließlich einen perfekten Weg einen PoC durchzuführen. Für eine erfolgreiche Umsetzung gibt es jedoch ein paar Dinge, die allgemein zu beachten sind. Von den oben vorgestellten Strategien orientiert sich ein idealer Prozess an der zweiten Variante, die mit der Testvariante arbeitet. Um diese optimal umsetzen zu können ist es ratsam, die Marktforschung bereits vorab durchzuführen. Die Dauer des PoC Prozesses kann von Tagen bis hin zu Wochen variieren und ist von mehreren Faktoren abhängig. Dazu zählt die Sorgfältigkeit der Durchführung, wie weit das Produkt bisher ausgereift war, und in welchem Bereich getestet wird. Sollte der PoC fehlschlagen, folgt eine Überarbeitung der Idee. Bei einer erfolgreichen Durchführung des PoC bestehen die nächsten Schritte darin, den Prototypen auszuarbeiten, Feedback einzuholen, darauf basiert ein MVP zu erstellen und schließlich das fertige Produkt auf den Markt zu bringen (siehe Abbildung).
Break Even als endgültiger Proof of Concept
Der Break Even Point, auf Deutsch hergeleitet auch Kostendeckungspunkt oder Gewinnschwelle, entspricht dem Punkt, ab dem die Einnahmen eins Unternehmens dessen Ausgaben decken. Mathematisch wird er durch die Nullstelle der Gewinnfunktion beschrieben, so folgt in der Regel auf den Break Even der erste Gewinn. Der Break Even ist in diesem Kontext relevant, da er für viele Investoren und Unternehmer den endgültigen, wasserdichten PoC darstellt. Gerade Startups erreichen den Break Even aber oft erst spät, manchmal erst nach etwa sieben Jahren, weshalb er nicht alleine als ausschlaggebend betrachtet werden sollte.
Die Schnittstelle des PoC und der Lean Startup Methodik
Ähnlich wie der PoC basiert auch die Lean Startup Methode auf einem iterativem Arbeitsprozess. Dieser wiederholt sich so lange, bis schlussendlich ein zufriedenstellendes Produkt entwickelt wurde. Hierfür werden drei Schritte angewandt – Bauen, Messen, Lernen. Vorab sollte jedoch der Problem Solution fit erkannt worden sein. Dieser ist der erste wichtige Meilenstein auf dem Weg zu einem erfolgreichen Produkt. Er definiert den Punkt, an dem die entwickelte Lösung zum Problem auf dem Markt passt und ist die Basis für eine erfolgreiche Geschäftsidee. Die Zielgruppe sollte eine gewisse Größe haben, damit es sich lohnt das Produkt auszuarbeiten, zudem ist es wichtig, dass die Idee realistisch umsetzbar ist. An dieser Stelle kommt dann im späteren Verlauf der PoC ins Spiel, der auch in der Lean Startup Methode verwendet wird. Bei dieser wird im ersten Schritt das Produkt gebaut und auf den Markt gebracht. Die Lean Startup Methode arbeitet mit dem Minimum Viable Product, der „schlanken“ Variante des Endproduktes. Nach Markteinstieg wird gemessen, wie das Produkt von bei der Zielgruppe angenommen wird. Die dafür entscheidenden Indikatoren wurden idealerweise bereits bei der Entwicklung des MVP festgelegt. Anschließend werden diese Informationen im dritten Schritt ausgewertet und anhand der gewonnenen Erkenntnisse das Produkt immer wieder verbessert und überarbeitet. Dieser Prozess wird solange wiederholt, bis man zu einem optimalen Ergebnis gelangt ist, bzw. das ideale Produkt geschaffen hat. Darauf folgt in der Regel früher oder später der Produkt Market Fit. Dieser Begriff ist nach Marc Andreessen, Software Ingenieur und Gründer von Netscape, folgendermaßen definiert:
“Product/market fit means being in a good market with a product that can satisfy that market.”
Der Product Market Fit ist ein weiterer wichtiger Meilenstein, jedoch nicht zu verwechseln mit dem Break Even. Nicht selten werden in diesem Prozess Ideen immer wieder verworfen und neu erarbeitet. Wenn durch die gewonnenen Erkenntnisse eine grundlegende Veränderung der Geschäftsidee erfolgt, spricht man von einem Pivot. In diesem Fall kann es vorkommen, dass diese nahezu vollständig verändert wird. Die Schnittstelle mit dem PoC liegt nun darin, dass auch dieser insbesondere in der Anfangsphase eines Lean Startup Prozesses wichtig ist. Außerdem orientiert sich die Lean Startup Methode ebenfalls daran, mit dem nötigsten auszukommen und Risiken zu minimieren.
Abschließen kann man sagen, dass der Proof of Concept sowohl für junge Gründer als auch erfahrene Unternehmer aus verschiedensten Bereichen äußerst relevant ist. In jedem Fall sollte beachtet werden, dass der Proof of Concept mit besonderer Sorgfalt durchgeführt wird, da er für den weiteren Projektverlauf maßgeblich ist.
Über den gemeinsamen Startup PoC, welcher in gewissen Teilen einem Pilotprojekt ähnelt und sich vom regulären PoC unterscheidet, haben wir im Rahmen unserer Serie „Kooperationen mit Startups beginnen“ einen ausführlichen Artikel geschrieben.
Über Ambivation
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