Vermietung wird digital – wie das PropTech Startup Wohnungshelden den Wohnungsmarkt effizienter macht

Im Interview mit Ambivation Geschäftsführer Christoph Baier berichtet Martin Staudacher, Mitgründer von Wohnungshelden, über seine Erfahrungen in der PropTech Branche. Außerdem gibt er wertvolle Tipps und Tricks zur Zusammenarbeit mit Unternehmen. Mit den PropTech Interviews wollen wir Startups eine Bühne geben, aber auch über Herausforderungen und Lösungsansätze in der Kooperation mit Unternehmen sprechen. Hier können sie das Kooperationsinterview mit dem PropTech Wohnungshelden als Video schauen.

Christoph: Herzlich Willkommen, Martin Staudacher von Wohnungshelden. Wir sprechen heute über die Zusammenarbeit von Unternehmen und Startups. Außerdem besprechen wir konkrete Kooperationsbeispiele von Wohnungshelden. Martin, gleich zum Start mal die erste Frage, wer bist Du und was machst ihr?

Martin: Vielen lieben Dank für die Einladung! Ich bin Martin von Wohnungshelden. Wir kümmern uns grundsätzlich um das Thema Vermietung und darum, dieses zu digitalisieren, soweit das möglich ist. Immer auch mit einem besonderen Blick darauf, was die Herausforderungen der Immobilienwirtschaft in dem Bereich der Vermietung sind, und an welchen Stellen man da spezifisch helfen könnte. Auch für uns ist es spannend zu sehen, wie unterschiedlich die Vermietung sein kann, je nach Markt und Unternehmenstyp. Als wir 2015 angefangen haben, war uns das noch nicht so ganz bewusst, dass es so unterschiedlich laufen kann. Aber genau das macht das Thema auch so spannend, und für uns auch zu einem Gebiet, in welchem wir mit Digitalisierung viel Unterstützung bieten können.

Christoph: Kannst Du ein konkretes Kooperationsbeispiel vorstellen, mit einem Unternehmen aus der Immobilienwirtschaft?

Martin: Grundsätzlich ist es so, dass wir auf dem Gesamtmarkt von Wohnungsunternehmen zwischen privatwirtschaftlichen und kommunalen Unternehmen unterscheiden. Das ist im Vorfeld wichtig, weil dadurch auch ganz stark geprägt ist, wie der Vermietungsprozess gestrickt ist. Heute wollen wir uns auch das Thema kommunale Wohnungswirtschaft anschauen, mit einem Markt, der größtenteils Vermieter-Markt ist. Da gibt es oftmals einen starken Überhang an Interessenten, die eine Wohnung suchen, auf Märkten wie München, Berlin, Hamburg oder Frankfurt. Das sind alles klassische Märkte, auf denen einfach extrem viel Nachfrage da ist. Als Beispiel für heute greifen wir jetzt mal einen Markt auf, der zwar ähnlich funktioniert, aber vielleicht nicht ganz unter den klassischen Märkten mit aufgezählt wird. Das ist Rostock und dort ist die WIRO, ein Beispiel, welches für uns gut zeigt, wie unterschiedlich Wohnungsvermietung laufen kann.

Was an der WIRO besonders ist, das sind knapp 40.000 Mieteinheiten, die quasi im eigenen Bestand, also auch für Dritte verwaltet werden. Man muss mit einer Fluktuationsquote von ungefähr 10% rechnen, das sind etwa 4.000 Vermietungen pro Jahr. Jetzt ist es hier besonders interessant, da die Vermietung hier nochmal ganz anders strukturiert ist, als z. B. bei einer Gewobag, eine Kooperation die Ihr ja auch schon vorgestellt hattet. Dort war der Fokus auch immer viel auf der öffentlichen Vermarktung. Historisch bedingt ist die WIRO in Rostock ein Marktteilnehmer, den jeder Interessent auf dem Schirm hat. Das hat den Hintergrund, dass jeder Dritte eigentlich bei der WIRO wohnt. Dadurch ist jedem klar, wenn ich eine Wohnung in Rostock suche, schaue ich erstmal bei der WIRO. Das macht es ganz spannend, weil die Abläufe sich entsprechend ändern. Die WIRO muss kaum Werbung machen, weil jeder sie kennt. Nichtsdestotrotz ist ein starker Überhang an Interessenten im Vergleich zu den Wohnungen da. Und auch diese Interessenten müssen so schnell wie möglich bearbeitet werden, im besten Fall so digital wie möglich.

Christoph: Wie profitiert das Unternehmen von der Zusammenarbeit mit Euch?

Martin: Grundsätzlich ist es so, dass wir die Interessenten in diesen Prozessen ganz aktiv mit einbinden. Das heißt, die Interessenten können den Großteil der Tätigkeiten selbst ausführen. Das heißt, der Interessent kommt auf die Website der WIRO und kann dort sein Profil sowie sein Gesuch anlegen. Wir setzen dann ein Matching um. Dabei wird die Wohnung mit bestehenden Gesuchen abgeglichen, und diese können dann entsprechend mit Angeboten versorgt werden. Per Knopfdruck werden Angebote an den Interessenten versendet, und dieser kann sich informieren, sich per Knopfdruck zurückmelden, im Folgeschritt Termine buchen und sogar Selbstauskünfte digital ausfüllen. Und so haben wir dann die Kette von der Kündigung bis zum Mietvertragsabschluss komplett digital abgebildet, was früher noch stark individuell war. In der Vergangenheit wurde viel über E-Mail oder Telefon kommuniziert, bilateral, was es natürlich sehr anstrengend macht, mit einer breiten Masse an Interessenten zu kommunizieren. Eine Terminabstimmung, das kennt bestimmt jeder aus seinem Geschäftsalltag, kann ab einer gewissen Anzahl von Personen ein bisschen tricky sein. Da unterstützt uns die Software. Das ist vergleichbar mit Doodle, nur integriert und natürlich auch DSGVO konform. Das ist eigentlich die Grundvoraussetzung, dass wir dort arbeiten können, und war auch einer der Kernpunkte, der nahtlos weiterlaufen konnte in Zeiten wie heute. So konnten wir per Knopfdruck Einzeltermine mit entsprechenden Abständen vereinbaren, ohne große Massen an Interessenten. Das war jetzt natürlich eine spannende Zeit, aber glücklicherweise haben wir da von der Flexibilität des Systems profitiert.

Und was vielleicht noch zu ergänzen ist, es ist nicht so, dass wir Lösungen grundsätzlich über den Zaun werfen und der Kunde muss sie dann so hinnehmen. Sondern, wir schauen immer ganz konkret, welche Anforderungen an das Tool bestehen. Sowohl bezüglich der einzelnen Vermieter, aber auch des Marktes. Also, ob das nun eher ein starker oder ein schwacher Markt ist, dies hat Auswirkungen auf den Prozess. Um jetzt nochmal den Kreis zu schließen, die WIRO unterscheidet sich in der Vermietungssoftware durchaus nochmal zu einem Unternehmen, welches vielleicht in einer anderen Stadt aktiv ist. Für uns ist es wichtig, einen passenden Austausch zu haben und mit den Unternehmen darüber zu sprechen, wie die Software bestmöglich konfiguriert werden kann, damit sie den größtmöglichen Beitrag zum Erfolg des jeweiligen Unternehmens leisten kann.

Christoph: Da sind wir inhaltlich auch gleich bei der nächsten Frage. Welche Tipps und Tricks zur Zusammenarbeit kannst Du Unternehmen und anderen PropTech Startups mitgeben?

Martin: Das ist jetzt natürlich eine sehr generische Frage, die auf den individuellen Fall bezogen schwierig zu beantworten ist. Was bei uns die Herausforderung ist, wir sprechen nie immer über den Kernprozess der Vermietung, das ist kein Prozess, den man eben mal schnell ändern kann, sondern einer der Basisprozesse. Und der muss funktionieren. Natürlich kann man Pilotprojekte starten und dann analysieren, was eigentlich noch benötigt wird. Das Ganze sollte dann auch betriebswirtschaftlich untermauert werden, um da die Entscheidungen treffen zu können. Von diesem Beispiel abgeleitet, ist es sehr sinnvoll Pilotprojekte zu machen, wenn ich der Überzeugung bin, damit dem Kunden helfen zu können. Dabei darf jedoch die Erwartungshaltung nicht zu hoch sein, da nicht sofort von null auf hundert alles da sein kann. Man muss sich gemeinsam mit Allem auseinandersetzen, und das gemeinsam in der Pilotphase besprechen. Was wir auch schon erlebt haben ist, dass ein Unternehmen zu viele Pilotprojekte macht, und diese die Organisation belasten. Dir Organisation hat dann häufig auch gar keine Lust mehr Pilotprojekte durchzuführen, weil diese nicht immer von Anfang an so funktionieren wie geplant. Daher würde ich sagen, eine gewisse Vorbereitung von Pilotprojekten ist extrem sinnvoll.

Dazu gehört zu prüfen, wo unsere Thesen sind, was wir damit optimieren wollen, wo wir aktuelle Probleme haben, und welche fünf bis sechs Kernanforderungen wir abbilden wollen. Oftmals gibt es in der Pilotphase den Wunsch nach allem. Das ist völlig in Ordnung, dass man sich das Gesamtbild anschaut, aber grundsätzlich sollte man sich auf den Kern der Funktion fokussieren. Das würde ich auch verschiedenen Unternehmen in der Zusammenarbeit mit PropTech Startups empfehlen. Zu entscheiden, welche drei bis vier Kernelemente ich benötige und dann abzustufen, welche wirklich wichtig sind, und welche nice to have. Für PropTechs ist es natürlich wichtig, da zuzuhören. Es wird ja oft diskutiert, dass Wohnungsunternehmen sich an die Arbeitsweise der PropTechs anpassen sollen, aber das gilt auch umgedreht. Auch wir müssen uns anpassen! Wir müssen die Arbeitsweisen der Wohnungsunternehmen verstehen, wie deren Prozesse und Organisationsstrukturen aussehen, wer da die Akteure sind, und wie sich die Märkte unterscheiden. Wenn wir unsere Hausaufgaben nicht machen, dann kommt es auch nicht zum Erfolg im Prozess, also Pilotprojekt und möglicherweise Rollout. Das ist glaube ich ganz wichtig, dass es zwei Seiten gibt, die aufeinander zugehen müssen. Es macht als Unternehmen wenig Sinn von oben herunter zu diktieren „Liebes PropTech, wenn ihr das nicht macht, setzen wir euch nicht ein“. Ebenso ist es aus unserer Perspektive nicht sinnvoll zu sagen, „hier ist die Software und nun setzt sie ein“. Die Lösung liegt irgendwo in der Mitte.

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Christoph: Super Tipps, vielen Dank! Was bewegt Euch denn in den nächsten Jahren?

Martin: Grundsätzlich ist es so, dass wir viele Best Practices haben. Wir haben viele verschiedene Projekte, sowohl mit kommunalen als auch privaten Wohnungsunternehmen durchgeführt. Aber auch mit Genossenschaften, die vor allem die Ziele der Mitglieder betreuen müssen, oder mit Maklern und Wohnungsverwaltern. All diese Zielgruppen haben unterschiedliche Herausforderungen, innerhalb dieser Elemente, die dort geliefert werden müssen. Bei einer größeren Unternehmensgröße muss so ein Produkt dann auch standardisierter sein, also klarer kommunizierbar. Denn es ist auch von unserer Seite nicht leistbar, dass wir bei jedem Unternehmen solch ein Einführungsprojekt machen, wie bei einem Unternehmen, das 70.000 Wohnungen hat. Die Kunst liegt darin, die Best Practices so zu schnüren, dass diese dann für die richtige Zielgruppe einfach ausgerollt werden können und man den Nagel direkt auf den Kopf trifft. Wir haben mit größeren Wohnungsunternehmen begonnen und arbeiten jetzt grade daran, für die mittelgroßen und kleineren Kunden Projekte zu schnüren, die eben diese Best Practices ganz einfach konfigurierbar machen. Für jeden, der sich dafür interessiert Vermietungsprozesse, Verkauf, Wohnungen, Gewerbeeinheiten etc. digitalisierbar zu machen, damit man das Thema ganzheitlich abbilden kann, ohne dass an dieser Stelle dann nochmal Beratungsleistung notwendig ist. Trotzdem stehen wir immer Gewehr bei Fuß, wenn es darum geht, wie man so ein Thema am besten angeht. Man muss eventuell gesetzliche Herausforderungen berücksichtigen und z. B. auf Antidiskriminierung oder DSGVO achten. Das sind Themen, die uns bewegen und die wir auch gerne weitergeben, wenn es darum geht, der breiten Masse eine Lösung zu geben.

Christoph: Das klingt doch spannend und nach viel Potenzial. Zum Abschluss noch die kurze Frage, wie kann man Dich und Euch am besten erreichen?

Martin: Es ist uns am liebsten, wenn die Kunden uns eine kurze E-Mail oder Terminvorschläge zukommen lassen. Wir treffen uns auch grundsätzlich gerne immer vor Ort, jetzt haben wir ja zusätzlich noch gelernt, dass das auch digital geht. Aber manchmal ist es auch ganz gut, wenn man sich persönlich trifft, um Themen zu besprechen. Vom Ablauf her ist es dann so gestrickt, dass wir die Software erstmal zeigen, zusammen mit ein paar Beispielen aus der Praxis. Wir verstehen natürlich auch, welche Kunden bei uns anfragen und gehen dann direkt auf spezifische Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten ein. Es ist also so, wenn jemand auf uns zukommt, machen wir beim ersten Termin erstmal eine Demo. Gerne einfach kurz anrufen oder eine E-Mail schicken, die Informationen dazu findet ihr alle auf unserer Website. Dann geht der Prozess eigentlich los. Wie dieser sich gestaltet hängt immer ein bisschen von dem Startpunkt des jeweiligen Unternehmens ab, das ist individuell. Aber ein kurzer Anruf oder eine E-Mail, dann geht es los!

Christoph: Perfekt, schönen Dank! Das klingt so wie es sein soll. Von meiner Seite vielen Dank für die Vorstellung von Euch, für die Kooperationsbeispiele, sowie die Tipps und Tricks zur Zusammenarbeit. Wir wünschen Dir und Euch weiterhin viel Erfolg, und alles Gute!

Martin: Vielen Lieben Dank! Ich freue mich auf den weiteren Austausch und schaue auch immer ganz gespannt auf Eure Entwicklung. Wir haben glaube ich das gemeinsame weitere Ziel, dass wir Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft vorantreiben wollen. Das freut mich immer sehr, wenn wir als unterschiedliche Akteure, die quasi das gleiche Ziel verfolgen, Seite an Seite gehen.

Weitere PropTech/ ConTech Startup Kooperationsinterviews finden Sie auf unserem YouTube-Kanal. Für einen besseren Einblick und spannende Infos über die PropTech Welt, lesen sie unseren PropTech Startup Guide.

Hier gelangen Sie zur Website des immobilienmanager.

Über Ambivation

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