Kooperationen zwischen Startups und dem Mittelstand

Das Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft hat seinen Sitz in Berlin und befasst sich unter anderem mit Innovation und Digitalisierung. Im Rahmen einer Studie zu Kooperation zwischen Startups und dem Mittelstand fand ein Interview mit Christoph Baier, Gründer und Geschäftsführer von Ambivation statt. Er erläutert, warum Kooperationen sowohl für Startups als auch Mittelständler sinnvoll sind, welchen Mehrwert sie bieten und auch welche Unterschiede es zu den Kooperationen zwischen Startups und großen Konzernen gibt. Die vollständige Studie des HIIG zu Kooperationen zwischen Startups und dem Mittelstand können sie hier (Link gelöscht) nachlesen.

Welche Wege und Möglichkeiten eignen sich am besten für eine erfolgreiche gegenseitige Identifikation und Ansprache?

Der erste Schritt ist sicherlich, dass beide ein Verständnis füreinander haben. Sowohl Unternehmen als auch Startup sollten wissen mit wem sie sprechen. Im Kontext des Mittelstandes ist es so, dass dieser spezielle Erwartungen hat. Insbesondere die Kommunikation der Startups ist da sehr wichtig, z. B. wie sie den Mittelstand ansprechen. Da besteht die Frage, welches Format für den Mittelstand das richtige zum Kennenlernen ist. Events und Speed Dating sind teilweise eher ungeeignet. Für den Mittelstand ist eine persönliche Beziehung besonders wichtig. Diese kann über unterschiedliche Formate aufgebaut werden, im Expertenkontext oder im Rahmen einer Startup Matching Tour, bei der relevante Gespräche geführt werden können.

Nach welchen Kriterien können passende Startups ausgewählt oder bewertet werden? Welche Best-Practices haben für sie am besten funktioniert?

Die Auswahlkriterien für Startups bei einer Zusammenarbeit mit dem Mittelstand sind relativ schwierig. Das ist eine große Komplexität, die damit anfängt, dass man fachlich zusammenpassen muss. Wenn ein Mittelständler jetzt z. B. im produzierenden Gewerbe ist, dann muss das Startup zu dem Bedarf des Unternehmens passen, d. h.  entweder produzieren, oder vielleicht ist dem Mittelständler auch eher die Software Technologie wichtig. Auf der Kehrseite muss es aber auch persönlich passen, die Diskussion sollte auf Augenhöhe stattfinden und es muss auch irgendwo ein Vertrauen zueinander aufgebaut sein damit eine persönliche Beziehung entstehen kann. Das sind Faktoren, die neben dem rein fachlichen relativ wichtig sind, damit eine Zusammenarbeit erfolgreich funktionieren kann. Dann ist es natürlich methodisch auch wichtig, dass das Startup professionell arbeitet. Denn es gibt auch Startups, die sich nicht an Absprachen halten oder nicht pünktlich und zuverlässig liefern. Da muss man natürlich genau drauf achten. Manche dieser Faktoren kann man natürlich von außen gar nicht bewerten. Da muss man dem dann einfach die Chance geben, wenn das Startup etwas Spannendes macht, das man kennenlernen möchte. Das sind dann quasi unterschiedliche Stufen zur Bewertung der Startups.

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Welche Formen und Formate für Kollaborationen bieten sich aus ihrer Sicht insbesondere für die Zusammenarbeit zwischen Startups und Mittelständlern an und warum?

Wir sehen unterschiedliche Varianten der Kooperation. Die klassischen Kooperationsformen, die auch wirklich für beide Seiten einen Mehrwert stiften sind natürlich Kunden-, Lieferanten- und Forschungskooperationen. Da ist einfach ganz klar, wie das gemeinsame Ziel aussieht und jeder Partner weiß, was er zu leisten hat. In der Regel wird dies dokumentiert und am Ende hat man z. B. ein Angebot oder eine Forschungskooperation. Darüber hinaus gibt es andere Formen, z. B. Investments, bei welchen Mittelständler in Startups investieren und sich am Erfolg des Startups beteiligen können. Das ist oft auch kombiniert mit einer geschäftlichen Zusammenarbeit, eben in einem der genannten Bereiche (Kunden-, Lieferanten- oder Forschungskooperation). Dann gibt es noch einige Sonderformen und Ausnahmesituationen. Im Personalbereich bspw. werden Startups manchmal von Unternehmen übernommen, weil sie ein tolles Team haben und gar nicht weil das Unternehmen das Geschäftsmodell oder Produkt der Startups fantastisch findet. Vor allem im Technologiebereich ist das häufig der Fall. Es gibt auch Varianten, bei denen man bspw. über Accelerator oder Inkubatoren einen Austausch schafft, und einfach Startups kennenlernt. Für das Thema Austausch kann man z. B. mit einem Event ganz einfach ein Format schaffen, bei dem Startups und Unternehmen miteinander sprechen können. Dadurch, dass es sich um ein Expertenevent handelt können sich beide Parteien auf Augenhöhe austauschen. Das Startup kann seine neuen Technologien präsentieren und das Unternehmen seine etablierten Technologien einbringen, sodass man sich in seiner Branche zu einem Thema austauschen, sich persönlich kennenlernen und eine Beziehung aufbauen kann.

Wie können erste Gespräche und Match Formate aussehen, um heraus zu finden ob es sich um einen Fit zwischen ihrem Startup und dem mittelständischen Unternehmen handeln könnte?

Bei den Gesprächen selbst ist es wichtig, dass sich beide in einem natürlichen Kontext kennenlernen können und dass es einfach persönlich ist. Wir bieten z. B. ein Format an, dass wir als Startup Matching Tour bezeichnen. Bei diesem geht es darum, dass wir vorher identifiziert haben, welche Startups relevant sind und inhaltlich passen könnten und im entsprechenden Kontext den persönlichen Austausch ermöglichen. Anschließend gibt es eine Vorstellung, in der sowohl das Startup seine Leistungen präsentiert als auch das mittelständische Unternehmen zeigt, worin es besonders stark ist. Je mehr Vertrauen besteht, desto mehr wird darüber gesprochen welche Herausforderungen im Alltagsgeschäft bestehen. Wenn z. B. die Herausforderung des Startups ist, dass es mehr Wachstumskapital braucht und beim Mittelstand ein konkretes Problem noch nicht gelöst ist, kann man ein gemeinsames Ziel identifizieren, damit die Zusammenarbeit erfolgreich wird. So sieht ein mögliches Format aus. Für den Mittelstand ist es besonders gut geeignet, weil man sich Zeit nimmt eine Beziehung aufzubauen. Im Konzernbereich hingegen sehen wir häufig auch Startup Speed Datings, bei denen innerhalb von 3-5 Minuten ein Erstkontakt hergestellt wird.

Wie relevant ist die Zusammenarbeit mit mittelständischen Unternehmen für Startups generell?

Für Startups ist es von extrem großem Wert, mit einem Mittelständler zusammenzuarbeiten. Einerseits kommt das natürlich daher, das Mittelständler noch nicht die Größe haben wie etwa Konzerne. Für diese ist es oft nicht attraktiv mit jungen Startups zusammenzuarbeiten, die in der frühen Phase ihrer Entwicklung sind. Auf der anderen Seite ist es für Konzerne oft auch schwierig mit Startups zusammenzuarbeiten, da sie in gewissen Bereichen wie z. B.  Compliance oder Datenschutz strengere Anforderungen haben, weil auf sehr viele Prozesse und Strukturen wertgelegt werden muss. Da können Mittelständler sehr gute Lead User sein, die als erste ein Produkt kaufen, einsetzen, weiterentwickeln und vermarkten. Es gibt die vielfältigsten Formen der Zusammenarbeit, daher spielt der Mittelstand eine sehr große Rolle. Auf der Kehrseite muss man sagen, ist der Mittelstand in der Vergangenheit noch nicht so aufgeschlossen und sichtbar gewesen, dass man da leicht Geschäftsbeziehungen anbahnen kann. Dadurch, dass es sich beim Mittelstand um eine persönliche Beziehung handelt, die besonders wichtig ist, bedeutet das auch, dass es längere Zeit dauert, diese aufzubauen und das geht nicht von heute auf morgen.

Warum könnte die Zusammenarbeit mit mittelständischen Unternehmen einer Kooperation mit Großkonzernen vorgezogen werden?

Für Startups kann es interessanter sein, mit dem Mittelstand zusammenzuarbeiten, da dieser, wenn er denn die Beziehung aufgebaut hat und überzeugt ist, auch schnell Entscheidungen treffen kann. Oftmals spricht man direkt mit dem Geschäftsführer und der kann natürlich auch direkte Entscheidungen treffen, es geht nicht durch mehrere Hierarchiestufen wie im großen Konzern. Das heißt beim Thema Geschwindigkeit kann der Mittelstand überzeugen, sobald die Beziehung aufgebaut ist. Der Beziehungsaufbau selbst dauert natürlich seine Zeit. Gleichzeitig hat der Mittelstand auch viele eigene Kundenbeziehungen, vielleicht auch eigene Technologieerfahrungen oder gewisse Ressourcen, die das Startup nicht hat, bspw. Kundenzugang oder Kapital, das dem Startup wiederum hilft, schneller zu wachsen. Wenn die Zusammenarbeitsform geschickt gestrickt ist, können beide Seiten stark davon profitieren, und der Mittelständler z. B. auch mit dem Startup mitwachsen.

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Über Ambivation

Ambivation verbindet innovative Unternehmen und Startups für Kooperationen und Innovationspartnerschaften. Dabei fördert Ambivation als Innovationsberatung und Matchmaker die Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Startups im Rahmen von konkreten Kunden-, Lieferanten- und Forschungspartnerschaften. Wir unterstützen Unternehmen bei der Bedarfsidentifikation, Startupidentifikation, Startupbewertung und Kooperationsanbahnung mit Startups. Dazu dienen Formate wie beispielsweise die Recherche von relevanten Startups, ein Startup-Monitoring, strategische Kooperationsberatung oder Eventformate wie Startup Touren. Unser monatlicher Newsletter informiert zudem über aktuelle Kooperationsbeispiele und Events.