Smart Governance: Startup Polyteia hilft Städten beim Datenmanagement

Geht das nicht auch schneller? Über die deutsche Bürokratie wird oft – und manchmal auch zu Recht – geklagt. Gerade beim Thema Digitalisierung hängt die öffentliche Verwaltung hinterher. Daten stapeln sich in Aktenschränken und Excel-Tabellen einzelner Abteilungen, statt für Entscheidungen genutzt zu werden. Kein Wunder, wenn dann die eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Das Berliner Startup Polyteia will das ändern. Mit einer intelligenten Steuerungsplattform führt das Team Informationen aus den unterschiedlichsten Systemen zusammen. – Und gibt den Entscheidern eine völlig neue Basis für ihr Handeln. Wir haben uns mit Mitgründer und Geschäftsführer Faruk Tuncer über seine persönlichen Erfahrungen in der Kooperation mit Städten und Gemeinden unterhalten.

Faruk, ihr seid inzwischen in Brandenburg, Niedersachsen und Baden-Württemberg unterwegs. Welche Situation findet ihr in den Städten und Gemeinden vor, wenn ihr euer Produkt vorstellt?

Städte und Gemeinden erfüllen eine Menge Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger: Kindertagesbetreuung, Schulen, Erhaltung der Infrastruktur, Wirtschaftsförderung und vieles mehr. Dennoch hören wir von Bürgermeistern immer wieder, dass ihnen Daten fehlen, um für diese Aufgaben Entscheidungen zu treffen. Wie viele Kitaplätze brauche ich? Wie kann ich finanzielle Mittel effektiver einsetzen? Wie kann ich für die Zukunft planen?

Woher kommt das?

Wir haben recherchiert und festgestellt: Eigentlich haben die Städte und Gemeinden genügend Daten. Sie sammeln sie nur in verschiedenen Systemen, die z.B. Personal, Kitaplätze oder den Haushalt erfassen. Die Informationen sind in Silos gefangen – das heißt, die Systeme sprechen nicht miteinander. Wer eine Entscheidung treffen möchte, ist darauf angewiesen, drei oder vier Personen zu fragen. Diese müssen dann Daten-Exporte machen und das wird dann alles an einer Stelle mühselig händisch zusammengefasst. Das ist frustrierend. Wir lösen das Problem, indem wir die Daten systematisch automatisiert zusammenführen, aggregieren und den Entscheidern auf Knopfdruck über ein Dashboard tagesaktuell zur Verfügung stellen.

Hast du eine Erklärung dafür, dass gerade Deutschland beim Thema Digitalisierung so hinterherhängt?

Teilweise fehlen die gesetzlichen Konsolidierungen, andererseits aber auch standardisierte Schnittstellen. Zudem bietet das föderale System viele Freiheiten für lokale Entscheider. Dadurch geht die Digitalisierung in der Verwaltung in Deutschland langsamer voran. Auch unsere kommunalen Ansprechpartner bestätigen das.

Wie geht ihr bei der Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden vor?

Wir bauen einen Prozess, in dem Tabellen und PDF erfasst werden, entfernen bestimmte Daten, die wir nicht brauchen, wie den Personenbezug – sofern dieser überhaupt erfasst ist – und speichern das Ganze in einer zentralen Datenbank.

Kannst du uns von einem aktuellen Beispiel berichten?

Das aktuellste Beispiel ist die Stadt Goslar, wo wir in Kürze ein Modul zur Steuerung des Personals in der inneren Verwaltung freischalten werden. Die Stadt ist nach Medienberichten direkt an uns herangetreten. Wir sind dann hingefahren, haben unser Produkt vorgestellt, geprüft, wo Bedarfe liegen, gezeigt, was wir vorhaben, und das Ganze dann gemeinsam in Angriff genommen. Größere Herausforderungen gab es dabei von unserer Seite nicht. Natürlich muss man damit umgehen, dass es in Niedersachsen andere Rechenzentren und Systeme gibt, aber das stellt für unsere Arbeit kein Problem dar.

Was wird für die Mitarbeiter der Stadt Goslar in Zukunft leichter sein?

Durch unser System wird der Rat der Stadt regelmäßig über die Personalsituationen, Stellenpläne, bestimmte Quoten wie die Geschlechterverteilung oder den Krankenstand informiert. Früher war es sehr mühselig, solche Daten zusammenzutragen. Durch unser Modul kann man viele Fragen in diesem Kontext sehr detailliert beantworten. Die Informationen sind nur einen Klick entfernt. Die Verwaltung ist dadurch souveräner und die Ratsmitglieder auf dem aktuellen Stand. Man kann zum Beispiel schauen, wann in den nächsten zehn Jahren viele Angestellte der Stadt in Rente gehen und Personal fehlen könnte. Oder ob es bestimmte Abteilungen oder Gruppen gibt, in denen der Krankenstand hoch ist – und sich dagegen eventuell etwas unternehmen lässt. Aus den Daten leiten sich also Aufgaben ab.

Auf welche besonderen Herausforderungen müssen sich Startups einstellen, die mit Städten und Gemeinden zusammenarbeiten möchten?

Das Thema Projektmanagement ist vielerorts noch eine Herausforderung. Die Mitarbeiter sind in hierarchischen Strukturen gefangen. Der Vorteil bei Kommunen ist jedoch, dass diese sich die Startups ganz genau anschauen und sehr treue Kunden sind, wenn sie sich einmal entschieden haben.

Was hast du selbst bei der Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden gelernt?

Ich bin immer wieder erstaunt, was Städte und Gemeinden mit den begrenzten finanziellen Ressourcen, die sie haben, alles schaffen – von Brandschutz bis Kinderbetreuung. Kein Unternehmen würde sein Portfolio so breit aufbauen. Das ist schon beeindruckend und bringt genauso große Herausforderungen mit sich. Umso spannender finden wir es, genau dort zu helfen, das Ganze noch besser zu machen.

Kontakt

Webseite: www.polyteia.de

LinkedIn: Faruk Tuncer

Über Ambivation

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